Sie sehen aus wie kleine Mandeln, schmecken sogar nach Bittermandeln und stammen aus dem Inneren des Steins von Marillen.

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Paris – Nicht alles an Obst ist kerngesund: Ein 67-jähriger Mann hat einem Fallbericht zufolge eine Zyanid-Vergiftung erlitten, nachdem er jahrelang Marillenkern-Extrakt zu sich nahm. Wie die Medizin-Fachzeitschrift "BMJ Case Reports" berichtet, konsumierte der Mann die "Alternativmedizin" zur Krebsvorbeugung über fünf Jahre lang täglich. Marillenkerne enthalten aber auch das Gift Zyanid, das lebensbedrohlich sein kann.

Während einer Operation fielen dem Bericht zufolge seine extrem niedrigen Sauerstoff-Werte auf, bei Bluttests wurden alarmierend hohe Zyanid-Werte gemessen. Als der Patient aus der Vollnarkose aufwachte, habe er die Ärzte über seine Selbstmedikation informiert: Jeden Tag zwei Teelöffel seines hausgemachten Marillenkern-Extraktes und zusätzlich drei Fruchtkern-Tabletten.

Warnung vor "alternativen" Substanzen

Täglich habe er somit 17 Milligramm des Extraktes zu sich genommen – genug, um den Zyanidgehalt im Blut auf das 25-Fache der Menge zu erhöhen, die als unbedenklich gilt. Laut Experten können 50 Milligramm des Giftes, also etwa ein bis zwei Teelöffel, bereits zum Tod eines 72 Kilogramm schweren Menschen führen.

Bittere Marillenkerne enthalten die Blausäureverbindung Amygdalin. Bei der Verstoffwechslung, so glauben Befürworter der Marillenkern-Therapie, entsteht aus Amygdalin ein Stoff im Körper, der Krebszellen vernichtet, gesunde Zellen aber nicht antastet. Ein solche Wirkung ist wissenschaftlich aber nicht nachgewiesen.

Der Fall des Mannes zeigt dem "BMJ"-Bericht zufolge, dass Selbstmedikation mit Alternativmedizin gefährlich sein kann. Die Ärzte erklärten dem Mann ihre Bedenken, er habe sich allerdings dazu entschieden, Marillenkern-Extrakt weiterhin zu nehmen. (APA, AFP, red, 12.9.2017)