Jetzt sieht sich auch die bisher skandalfreie steirische KPÖ mit unangenehmen Vorwürfen gegen einen ihrer Spitzenpolitiker konfrontiert.

Foto: Helmut Utri / Photoreport

KPÖ-Stadtrat Murgg hat einigen Erklärungsbedarf.

Foto: scheriau

Graz/Leoben – Das dürfte politisch peinlich werden. Ausgerechnet die bisher untadelige, von jeglichen Skandalen und Skandälchen verschont gebliebene steirische KPÖ muss sich jetzt mit einigermaßen schweren Vorwürfen gegen einen ihrer Spitzenpolitiker auseinandersetzen.

Die Bürgerliste im Leobener Gemeinderat hat den Leobener KPÖ-Stadtrat und steirischen Landtagsabgeordneten Werner Murgg bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt. Sie wirft Murgg – er fungiert auch als einer von drei Parteivorsitzenden – in der Anzeige vor, in Graz hauptgemeldet zu sein.

"Daher", so das Schreiben an die Staatsanwaltschaft, "besteht der Verdacht, dass Herr Dr. Murgg bewusst seit Jahren ungerechtfertigterweise ein Gehalt als Stadtrat und Gemeinderat von der Stadtgemeinde Leoben bezogen hat." Weil sein tatsächlicher Hauptwohnsitz nach den Richtlinien des Meldegesetzes eben nicht in Leoben, sondern an der angeführten Adresse in Graz sei. Die Bürgerliste legte die entsprechenden Meldedaten bei.

"Völlig konstruiert"

Werner Murgg will im Gespräch mit dem STANDARD nicht ganz ausschließen, dass eine Unkorrektheit vorliegen könnte, der KPÖ-Politiker will aber den vorgeworfenen strafrechtlichen Aspekt strikt zurückweisen: "Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Und wenn es schon eine Verfehlung gegeben hat, dann ist das lediglich eine Verwaltungsübertretung. Aber das wird jetzt ohnehin die Staatsanwaltschaft beurteilen. Was Bürgerlisten-Chef Walter Reiter hier anführt, nämlich den strafrechtlichen Vorwurf, dass ich Geld quasi erschlichen hätte, ist völlig konstruiert und falsch."

Er sei seit mehr als 20 Jahren in Leoben politisch tätig und habe hier ohne Zweifel seinen Lebensmittelpunkt. Murgg: "Jeder kennt mich hier. Ich bin auch seit zwölf Jahren in Graz im Landtag. Da ist es natürlich günstig, dass ich auch hier eine Wohnung habe. Es ist das Haus meiner Eltern."

Und der Anwurf der Bürgerliste, dass er angebe, in Leoben im KPÖ-Parteihaus zu wohnen, obzwar es dort keine Wohnungen gebe, "stimmt ganz einfach nicht". Hier existierten sehr wohl Wohneinheiten. "Ich sage jetzt aber nicht, wo ich wohne", ärgert sich Murgg über den Angriff der Bürgerliste, deren strafrechtlichen Vorwurf er von seinem Anwalt juristisch prüfen lassen werde – "wenn der Wirbel vorbei ist".

Eine zweite "Causa"

Da ist aber noch eine andere Sache, jene einer älteren KPÖ-Gemeinderätin, die sich an die Bürgerliste um Hilfe gewandt hatte. Reiter: "Sie erzählte mir, dass sie eine Mindestpensionistin ist und dass sie von der Aufwandsentschädigung als Gemeinderätin – das sind monatlich rund 446 Euro – keinen Cent bekommt, weil die KPÖ das Geld einbehält."

Er habe bei der KPÖ nachgefragt, sagt Reiter, und es sei ihm mitgeteilt worden, dass die Gemeinderätin nun die gesamte einbehaltene Aufwandsentschädigung zurückbekomme. Sie werde mit Ende des Jahres als Gemeinderätin der KPÖ in Leoben aber zurücktreten, sagt Reiter. Werner Murgg will zu diesem Fall "eigentlich nichts sagen". "Wir haben uns von ihr gütlich getrennt. Ich möchte mich dazu im Detail nicht mehr äußern." Das Geld der Gemeinderäte werde jedenfalls zur Aufrechterhaltung der politischen Arbeit verwendet.

Die KPÖ Steiermark, vor allem aber die Grazer KPÖ stellen in der österreichischen Politik ein Unikum dar. Als Servicepartei für Mieter brachte es die KPÖ – deren Spitzenpolitiker Gehaltsanteile über 2.300 Euro netto in einen Sozialtopf geben – in Graz sogar auf 20 Prozent und zwei Stadtratssitze. In Leoben erhielt die Partei immerhin neun Prozent und einen Stadtratsposten. (Walter Müller, 12.9.2017)