Wien – Fast konspirativ mutet der Ort an, an dem Peter Pilz neuerdings zu Pressekonferenzen lädt. Es ist ein Kellerlokal im Hinterhof in – immerhin – zentraler Lage, nämlich in der Josefstädter Straße.

Die grauen Wände des geschätzt 50 Quadratmeter großen "Mushrooms" ziert einzig ein Plakat mit Pilz' Wahlclaim "Ja, es geht". Auf dem Tisch hat er sein Maskottchen platziert. Einen Pilz.

DER STANDARD

Gemeinsam mit dem bisherigen grünen Budgetsprecher Bruno Rossmann, der als Fünfter auf Pilz' Liste kandidiert, wird Sebastian Kurz, Obmann der ÖVP, attackiert. Konkret kritisiert die Liste Pilz Kurz' Plan, Unternehmensgewinne von Kapitalgesellschaften künftig nur zu besteuern, wenn sie tatsächlich ausgeschüttet werden. Kurz sei damit "der Kandidat der Konzerne", wettert Pilz.

Einnahmenausfall bei KÖSt bis zu acht Milliarden

Wie der STANDARD bereits berichtete, würde die Streichung der Körperschaftsteuer (KÖSt) laut Experten aus heutiger Sicht rund vier Milliarden Euro kosten. Insgesamt hat der Staat im vergangenen Jahr 7,6 Milliarden Euro aus der KÖSt eingenommen. Kurz hat allerdings andere Berechnungen vorgelegt. Die Streichung der KÖSt werde lediglich eine Milliarde kosten, heißt es im ÖVP-Programm.

Pilz und Rossmann hingegen rechnen in ihrer Pressekonferenz einen Einnahmenausfall in der Höhe von "sieben bis acht Milliarden" vor.

"Steuerparadisische Zustände"

Würden die Ausschüttungen nicht mehr besteuert, führe das zunächst zu einem Ausfall von vier Milliarden Euro. "Mit der Abschaffung der Steuern auf nicht entnommene Gewinne besteht natürlich ein Anreiz, Ausschüttungen weiter hintanzuhalten", sagt Rossmann. Würden die Ausschüttungen weiter auf ein Viertel reduziert, komme es folglich zu einem Steuerausfall in der Größenordnung von sechs Milliarden.

Steuerfreie Holding

Unternehmen könnten zudem verstärkt Aktien zurückkaufen, wodurch sich die Ausschüttungen an die Aktionäre verringern würden. Dem Staat würden somit auch Einnahmen aus der Kapitalertragsteuer verlorengehen, glaubt Rossmann. Mit der Möglichkeit schließlich, das Geld im "Geldspeicher" Holding zu parken, wodurch es erst bei der Entnahme besteuert werden muss, komme man auf sieben bis acht Milliarden Euro Entlastung für Großunternehmen.

"Das schafft steuerparadiesische Zustände, wie wir sie früher hatten. Es ist nicht einmal mehr notwendig, sein Vermögen in eine Briefkastenfirma oder sonst wohin zu schaffen", sagt Rossmann. Die Körperschaftsteuer verkomme zur freiwilligen Spende.

"Nasenvergoldungsprogramm" für Konzerne

Während wenige Großkonzerne also "mindestens sechs Milliarden" an Steuern sparen, sieht Kurz für die fast sieben Millionen Lohnsteuerpflichtigen in seinem Programm lediglich drei bis vier Milliarden Euro Steuersenkungen vor, verglich Pilz. Und es sei, so Rossmann, zu befürchten, dass "die Kleinen" den Steuerausfall bezahlen müssten.

Auch Klein- und Mittelbetrieben brächten die ÖVP-Pläne kaum etwas – zahlen doch 25 Prozent der AGs und GmbHs 98 Prozent der KÖSt. Profitieren würde aber der ÖVP-Spender Stefan Pierer mit seiner Pierer Industrie AG: Für diesen habe sich die Großspende an Kurz gelohnt, konstatiert Pilz. Dessen 436.563-Euro-Zuwendung verzinse Kurz mit 10.000 Prozent. Das sei, so Pilz, "das unverschämteste Geschenk der Zweiten Republik".

Pilz sieht angesichts der "radikalen Umverteilung aus der Mitte der Gesellschaft nach ganz oben" den sozialen Zusammenhalt in Österreich gefährdet. (Katrin Burgstaller, 11.9.2017)