Der "Acoustic Additive Synthesizer" des polnischen Künstlers Krzysztof Cybulski "resynthetisiert" von Besuchern eingesprochene Sätze – allerdings nicht mittels komplexer Obertonstrukturen, sondern mit Tönen aus sechs "Orgelpfeifen".

Foto: Otto Saxinger

Linz – Wie in einer technoiden Geisterbahn fühlt man sich in der Installation Rekion Voice von Katsuki Nogami und Taiki Watai. Im abgedunkelten Raum sieht man schemenhaft Roboter an Ketten, einer ist gar in einem Käfig respektive einem Einkaufswagerl eingesperrt. Dank Bewegungserkennung richten diese verlorenen Seelen ihre mit Schallerzeugern besetzten Köpfchen nach Betrachtern aus, um klackernd und tickend ihrem Leid Ausdruck zu verleihen. Oder ist ihr "Rasseln mit den Ketten" als Drohung an uns Sklaventreiber zu verstehen?

Die Installation Rekion Voice ist eine der geschickter gemachten aus der Kategorie "Ich verwandle Daten auf nur teilweise durchschaubare Weise in Sinneserlebnisse, um euch Betrachtern ein Gefühl für die Undurchdringlichkeit jener Gerätschaften zu geben, denen ihr so gerne vertraut". Zu sehen ist sie derzeit im Offenen Kulturhaus Linz (OK). Nogami und Watai erhielten dafür eine Anerkennung im Rahmen des Prix Ars Electronica, dessen Gewinner und Auszeichnungsträger auch 2017 in der Ausstellung CyberArts vorgestellt werden.

Und auch dieses Jahr bietet sich Betrachtern jedenfalls wieder ein spannender Überblick über Strategien und Themen digitaler Gegenwartskunst. Zwischen biotechnologischen Experimenten, künstlerisch aufbereiteten Rechercheergebnissen und soziopolitisch gut gemeinten Ansätzen bietet sich aber auch die Gelegenheit, über Schwierigkeiten der Cyber-Arts nachzudenken.

Dass hier etwa mit David Ebners Wellenwald mit Bunker eine weitere Soundinstallation zu Erwähnung findet, die elektromagnetische Wellen der Umgebung in hörbare Klänge verwandelt, ist kaum nachvollziehbar. Dass der Künstler die Sensoren auf einem aluminiumfolierten Fichtenast montierte und sich mit einem Bezug auf Joseph Beuys zu nobilitieren versucht, ändert wenig daran, dass seine Arbeit klanglich wie atmosphärisch reizlos bleibt.

Ein bisschen Leichtigkeit

Nicht versäumen sollte man dagegen David O'Reillys Everything, ein Computerspiel, das zum meditativen Flottieren zwischen Mikro- und Makrokosmos einlädt. Nach und nach versetzt man sich in verschiedene "Organismen", nimmt Blickpunkte von Zecken und Löwen ebenso ein wie von Bäumen, Planeten und Atomen. Abgesehen davon, dass Everything eines dieser Kunstcomputerspiele ist, die die Prinzipien Gewaltanwendung und Anhäufung von Reichtum unterwandern, bietet es Erkundungstouren voller Überraschungen und bringt mit seiner Nähe zur Glitch-Art zum Schmunzeln. Dass Tiere sich hier "eckig rollend" fortbewegen, mag eine Maßnahme animiertechnischer Effizienz sein, vermittelt aber auch etwas, was man unter den teils gar sehr von ihrem Gewicht überzeugten Arbeiten der Schau manchmal vermisst: Humor, ein bisschen Leichtigkeit.

Wobei auch eine Installation wie Light Barrier 3rd Edition des koreanisch-britischen Duos Kimchi and Chips ihren Reiz hat – zumindest für eine Weile. Mittels eines aufwendigen Arrangements aus Projektoren und hunderten Spiegeln werden gespenstisch-plastische Schemen in den kunstnebelverhangenen Raum gezaubert. Man bestaunt freilich die technische Raffinesse, fühlt sich bald aber auch allzu sehr wie auf einer Messe für Licht- und Veranstaltungstechnik. (Roman Gerold, 9.9.2017)