Wenigstens vier Twitterkonten haben in den vergangenen Monaten rechtsextreme Botschaften im Namen des Wikileaks-Gründers Julian Assange verbreitet. Sie trugen auf Twitter die Namen "JuliannAssange", "Julien_Assange", "RealAssange" und "JulianAssanged" und kopierten das Aussehen des Originalprofils "JulianAssange" nebst Beschreibungstext. Somit waren sie für Außenstehende auf den ersten Blick kaum von selbigem zu unterscheiden.

Laut einem Bericht des Digital Forensic Research Lab (DFRL) des Atlantic Council schlugen sich die Fake-Konten sehr erfolgreich. Der Account "JulianAssanged" war sogar zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch online, wurde mittlerweile aber gesperrt. Die anderen Konten wurden erst vor wenigen Tagen abgedreht. Alle seien "eindeutig" von der gleichen Person betrieben worden, schreibt das DFRL.

Gegen Black Lives Matter und CNN

Erstellt wurden drei von ihnen im vergangenen Mai. Um mehr Glaubwürdigkeit zu erlangen wurden die Tweets von Assange mitunter geretweeted. Daneben verbreiteten sie Nachrichten aus dem Dunstfeld rechtsextremer Bewegungen oder kündigten "baldige" Veröffentlichungen von Wikileaks an – darunter etwa weitere Dokumente in Bezug auf die E-Mails von Hillary Clinton.

Dazu wurde auch verbal in Richtung Bewegungen wie Black Lives Matter oder den Sender CNN gefeuert. Letzterer wurde beispielsweise als "Hassgruppe wie Ku-Klux-Klan, IS oder Antifa" bezeichnet. Zu Beginn ihrer Aktivität attackierten die Konten auch bevorzugt den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der sich damals im Wahlkampfendspurt gegen die rechts-außen Kandidatin Marine Le Pen (Front National) befand.

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Messbarer Einfluss

Der Impact, soweit dies erforscht werden konnte, war nicht zu unterschätzen. So generierte "RealAssange" nach den Zusammenstößen in Berkeley Ende August mehr Reaktionen zum Schlagwort "Antifa", als alle anderen Twitterkonten, die sich an der Diskussion über die gewalttätigen Zusammenstöße zwischen Links- und Rechtsextremisten beteiligten. In zumindest einem Fall fiel auch ein größeres Onlinemedium, IVN, auf eines der gefälschten Konten herein, korrigierte den entsprechenden Artikel aber bald darauf.

"JuliannAssange", "Julien_Assange" und "RealAssange" kamen jeweils auf über 10.000 bzw. sogar über 20.000 Follower, wobei deren Aktivitätsmuster auf einen hohen "Automatisierungsanteil" hindeute. "JulianAssanged" wurde unmittelbar nach der Sperre von "RealAssange" registriert und stieg mit der Nachricht ein, er sei von Twitter wegen Tweets über die E-Mails von Hillary Clinton gesperrt worden.

Bei Kritik: "Bin ein Parodie-Account"

Die lange Überlebenszeit der älteren Konten führt man in der Analyse auf drei Umstände zurück. Erstens das Kopieren des Originalprofils, zweitens ihre "plausible" Benennung und drittens ihre temporäre Selbstdeklarierung als "Parodie-Account".

Die Berufung auf Parodie erfolgte stets, wenn Nutzer auf den Schwindel kamen und die Fakes damit konfrontierten. Teilweise wurden die Profiltexte mit einem entsprechenden Hinweis versehen, der später wieder entfernt wurde.

Assange als Liebkind der Alt-Right

Abseits des DFLR-Reports lässt sich ebenfalls eine Antwort darauf finden, warum Assange-Fakes für die Verbreitung rechtsextremer Botschaften gut funktionieren: Der Wikileaks-Gründer stieg auch in der Alt-Right-Bewegung stark im Ansehen, nachdem er während des US-Präsidentschaftswahlkampfes E-Mails aus der Führungsetage des demokratischen Nationlkongresses und der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton publizierte.

Dazu veröffentlicht er immer wieder Nachrichten, die in diesem Spektrum auf fruchtbaren Boden fallen. Zuletzt argumentierte er, dass "Kapitalismus, Atheismus und Feminismus" für die niedrige Geburtsrate in der EU verantwortlich sei und stellte einen Zusammenhang zur Migrationsfrage her. Ebenso erwähnte er in diesem Kontext die (biologische) Kinderlosigkeit von Angela Merkel, Emmanuel Macron und Theresa May. (gpi, 08.09.2017)