Die türkise Bewegung (formerly known as "Volkspartei") hat sich dazu entschlossen, ihre Programmvorhaben in kleinen Degustationshappen bis zum letzten Vorwahltag an den Staatsbürger zu bringen. Die Vorteile dieser Verabreichungsform liegen auf der Hand. Sebastian Kurz kann bis 15. Oktober in vielen, vielen Einzelgesprächen versuchen, Ungläubige mit wohlklingender Suada zu betören.

Armin Wolf traf in der späten ZiB daher auf einen äußerst milde gestimmten Steuerpolitiker. Die ÖVP will bekanntlich die "Klein- und Mittelverdiener" entlasten. Ihr Furor, Menschen zu helfen, solange diese nicht zu viel herum- oder zuwandern, verdient es, gerade einer Sitzkraft wie dem ZiB 2-Moderator erklärt zu werden.

Kurz weilt in Linz, aber er geht auf Wolf zu. Er öffnet die Arme, weil in ihnen ganz Österreich Platz finden soll. Geduldig beantwortet er Fragen, auf die nur jemand kommt, der das VP-Steuerprogramm auch wirklich gelesen hat.

ORF

Anwandlungen von störrischem Nichtverstehen begegnet Kurz mit dem Wohlwollen eines Sachkundelehrers, der seinen Lieblingsschüler zu Höchstleistungen anspornt. "So konkret, wie Sie immer recherchieren, Herr Wolf …" Vergleiche mit dem schönen Estland vertiefen auf Wolfs Seite das hastig angelernte Wissen.

Kurz will nicht, dass man in Österreich "für das Sterben auch schon besteuert wird". Menschen, die das Erben nicht kapieren, werden geduldet. "Geht schon", sagt Kurz dann. Und appelliert an die gemeinsame Bekanntschaft mit Rudolf Taschner, pardon: mit Adam Riese. "Herr Wolf, Sie kennen ja die Zahlen …" Der Herr Junglehrer ist eben für jeden Sprechtag zu haben. (Ronald Pohl, 6.9.2017)