Klagenfurt – Im Mordprozess am Landesgericht Klagenfurt hat sich der 56-jährige Angeklagte am Mittwoch des Totschlags schuldig bekannt. Er habe dem Opfer nie etwas antun können, die Tat sei "im Affekt" passiert, sagte er. An den genauen Tathergang könne er sich allerdings nicht mehr erinnern. Laut Staatsanwältin handelt es sich bei dem Fall jedoch um klaren Mord.

Weder bei Mord noch bei Totschlag brauche man einen Plan, erklärte Staatsanwältin Sandra Agnoli in ihrem Anklagevortrag. Bei beiden Handlungen finde man sich zumindest damit ab, jemanden zu töten, und das sei hier der Fall. Sie beschrieb das Opfer als lebenslustige Frau, die zwei Kinder hatte und in ihrer Familie gut vernetzt war. Der Angeklagte habe die Trennung nicht verkraftet und als er von einer neuen Beziehung seiner Ex-Freundin erfahren habe, habe er angefangen, sie zu belästigen, zu beschimpfen und zu verfolgen. Die Frau erstattete daraufhin Anzeige und gab dabei an, sich vor dem Ex-Freund zu fürchten.

Schläge auf den Kopf

Im Dezember 2016 schließlich fuhr der Angeklagte nach St. Veit und wartete vor dem Haus der Frau auf sie. Eine Eisenstange habe er entweder bei sich gehabt, oder sie aus dem unversperrten Schuppen genommen, sagte die Staatsanwältin. Nach einem Disput habe der Mann gezielt auf den Kopf der Frau eingeschlagen. Diese habe versucht sich mit den Händen zu schützen.

Als sie schon auf dem Boden gelegen sei, habe er mit den Füßen auf ihr Gesicht eingetreten und mit der Eisenstange auf ihren Hals eingeschlagen. Das Oper habe massive Riss-Quetschverletzungen erlitten, die Halsschlagader sei geplatzt. Die Folge seien Hirnblutungen, Gefäßverschlüsse und ein Hirninfarkt gewesen, die zum Tod führten, schilderte Agnoli den Tathergang.

"Heftige Gemütsbewegung"

Rechtsanwalt Hans Gradischnig erklärte, als Verteidiger sei man hier in einem gefühlsmäßigen Zwiespalt, weil man Mitgefühl mit den Hinterbliebenen habe, aber als Anwalt die Verpflichtung habe, alles zu finden, um seinen Mandanten zu entlasten. Er wolle die Handlung des Angeklagten nicht beschönigen, sondern versuchen, sie ins rechte Licht rücken.

Gradischnig sprach von einer "heftigen Gemütsbewegung" des Angeklagten. Niemand könne sich in dessen emotionale Situation einfühlen. Der Affekt beseitige jede Kontrolle über einen Menschen und führe aufgrund äußerer Umstände eines schwebenden Konfliktes und schließlich eines Anlasses zum Ausbruch.

"Komplett weg gewesen"

In seiner Einvernahme durch Richter Bernd Lutschounig sagte der Angeklagte, die Frau sei seine große Liebe gewesen, er habe immer noch Gefühle für sie gehabt und gehofft, dass sie wieder zusammen kommen würden. Als er auf Facebook von der neuen Beziehung seiner Ex-Freundin erfahren habe, habe er schwere Depressionen bekommen und 17 Kilo abgenommen. Er sei enttäuscht und "komplett weg gewesen".

An jenem Tag habe er "spontan entschieden" nach St. Veit zu fahren, um mit ihr zu reden. Er habe keine Eisenstange mitgehabt, diese sei bei Mülltonnen gelehnt. Die Frau habe sofort mit ihm zu schreien begonnen, es sei kein Gespräch möglich gewesen. Sie habe ihn als Versager bezeichnet, darauf habe er "eine richtige Wut" bekommen. Dann habe er zurückgegriffen und plötzlich die Eisenstange in der Hand gehabt. Danach wisse er nichts mehr. "Das ist nicht da." Und auch jetzt wolle sich nicht damit auseinandersetzen. Jedenfalls habe er die Frau weder töten noch verletzen wollen. Nach der Tat sei er selbstmordgefährdet gewesen.

Gutachter: "Heftiger Affektzustand"

Der psychiatrische Sachverständige sagte, er ein "heftigen Affektzustand" sei nachvollziehbar gewesen. Der Angeklagte habe zum Tatzeitpunkt aber "keine schwere psychische Beeinträchtigung" gehabt. Der Gerichtsgutachter bezeichnete die Verletzungen des Opfers mit einer "eskalierten Tötungsabsicht" vereinbar.

Weiters sagte der Psychiater, der Angeklagte habe eine "nicht sehr ausgeprägte" narzisstische Persönlichkeitsstruktur und ein erhöhtes Bedürfnis nach Anerkennung. Deshalb sei er auch besonders empfindlich gegen Kränkung und Zurücksetzung. Den Affektzustand führte er auf die Kränkung, verursacht durch die Trennung und die angenommene neue Partnerschaft seiner Ex-Freundin, zurück. Der Angeklagte sei sich der Tat jedoch bewusst gewesen, habe danach kein Mitgefühl mit dem Opfer gehabt und sich nur darum gesorgt, wie es nun mit ihm weitergehen würde, sagte der Psychiater auch.

Heftiger Stich in den Hals

Der Gerichtsgutachter schilderte die schweren Verletzungen des Opfers. Die unmittelbare Todesursache sei ein Stich "mit besonderer Heftigkeit" in den Hals gewesen, der Halswirbelsäule und Schlagader durchtrennt habe. Dabei sei die Frau schon auf dem Boden gelegen und möglicherweise noch bei Bewusstsein gewesen, erklärte er.

Die ersten Verletzungen – Schläge mit einer Eisenstange auf Kopf, Nacken und oberen Rückenbereich – seien dem Opfer von hinten und hinten seitlich zugefügt worden, sagte der Sachverständige. Mit dieser schmalen Eisenstange habe der mutmaßliche Täter daraufhin auch zweimal in den Hals seines Opfers gestochen. Weitere Schädelfrakturen stammten laut Gutachter von anschließenden Tritten gegen den Kopf, die ebenfalls Blutungen im Gehirn auslösten.

Mutter: Nicht mehr sicher gefühlt

Die Tochter des Opfers erzählte als Zeugin, ihre Mutter habe sich nicht mehr so sicher gefühlt und sei auch von der Mutter des Angeklagten gewarnt worden, dass dieser "nicht mehr er selbst" sei. Zur Tatwaffe befragt, erklärte sie, ähnliche Eisenstangen seien in der Holzhütte aufbewahrt worden. Bei den Mistkübeln sei sicher keine gelehnt, wie es der Angeklagte ausgesagt hatte. Das bestätigte auch der Sohn der Toten, der mit seiner Mutter in dem Haus gelebt hatte. Bei den Mülltonnen sei sicher keine Eisenstange gewesen, er sei jeden Tag an der Stelle vorbeigegangen, das wäre ihm aufgefallen, erklärte er.

Der Nachbar berichtete, er sei mit seiner Frau vor dem Fernsehapparat gesessen, als er Hilfeschreie gehört habe. Als er nachgeschaut habe, habe er die Frau zwischen Garage und Hausecke reglos auf dem Boden liegen gesehen. Der Angeklagte sei über ihr gestanden.

Im abschließenden Plädoyer erneuerte Staatsanwältin Sandra Agnoli den Vorwurf des Mordes. Verteidiger Hans Gradischnig erklärte, er wisse, dass dem Angeklagten die Tat leidtue und wies die Geschworenen darauf hin, dass sie im Zweifel für den Angeklagten, also für Totschlag, entscheiden müssten.

Im Anschluss zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück. (APA, 6.9.2017)