Am Dienstagnachmittag brach Gerald Seidl mit seiner Ehefrau und seinen beiden Katzen zu einer Bootsfahrt auf, die der gebürtige Wiener wohl sein Leben lang nicht vergessen wird. Wie der STANDARD berichtete, lebt der Unternehmer und Honorarkonsul von Texas, Oklahoma und Arkansas in einem der infolge des Sturms Harvey massiv überschwemmten Stadtteile von Houston.

Nachdem Seidl und seine Frau – ohne Strom, Klimaanlage und funktionierendes Internet, nur manchmal geht es auf dem Mobiltelefon – gehofft hatten, dass sich der Wasserpegel senken würde, war der Wasserstand nach weiteren Regenfällen am Dienstag gleich geblieben und hatte sich stellenweise sogar erhöht.

Gerald Seidl und seine Frau auf dem Rettungsboot.
Foto: Gerald Seidl

Retter aus Dallas

Seidl rief eines der vorbeifahrenden Rettungsboote herbei. "Die meisten werden von Freiwilligenorganisationen betrieben, unsere Retter waren aus Dallas, das 450 Kilometer entfernt ist", schrieb Seidl Dienstagnacht in einer Mail an den STANDARD. Man brachte sie zu einem eineinhalb Kilometer entfernten sicheren Ort, von dem aus sie trockenen Fußes das Hochhaus von Seidls Schwiegervater erreichen konnten.

Auf der Bootsfahrt entstanden die Bilder, die Seidl dem STANDARD schickte.

Das Viertel steht unter Wasser.
Foto: Gerald Seidl

Alles unter Wasser

"Dabei sahen wir überschwemmte Häuser, die noch weit mehr betroffen waren als wir, solche, wo das Wasser wirklich bis in den zweiten Stock reichte, und Straßen, wo Pkws und Lkws ganz unter Wasser waren", schildert Seidl die Situation.

Für ihn geht das Bangen weiter, denn aus diversen Wasserreservoirs muss Wasser kontrolliert abgelassen werden, um zu verhindern, dass Dämme brechen. Doch das lässt wiederum kleinere Flüsse über die Ufer treten. Unter anderem könnte ein noch nicht betroffener Stadtteil, in dem auch das Bürogebäude der Seidls liegt, bedroht sein. Dieses könnte als Nächstes überflutet werden. Es sei kein Wunder, so Seidl, dass man im Radio immer wieder den Begriff "failing infrastructure" (versagende Infrastruktur) höre.

Die Überflutungen gehen momentan kaum zurück.
Foto: Gerald Seidl

Kaum Entspannung

"Da die Flüsse, die durch Hochwasser-Rückhaltebecken gespeist werden, kein weiteres Wasser aufnehmen können, geht die Überflutung momentan noch immer kaum zurück. Wir hörten im Radio und durch Infos der Polizei und Notfallagenturen, dass die Situation bis Donnerstag oder Freitag dauern könnte. Zusätzlich haben sich die Niederschläge mehr in den Osten in Richtung der Texas-Louisiana-Grenze bewegt und beginnen dort Schäden in noch unbestimmtem Ausmaß zu verursachen", beschreibt Seidl die mehr als angespannte Lage. (Colette M. Schmidt, 30.8.2017)