Berlin/Wien – Die Lufthansa will nach Informationen aus Unternehmenskreisen Langstreckenflüge von Air Berlin übernehmen. Geplant sei, Verbindungen von Berlin und von Düsseldorf aus weiter zu bedienen. Insgesamt wolle die Lufthansa für ihre Billigtochter Eurowings etwa ein Dutzend der 17 Langstreckenmaschinen der insolventen Konkurrentin übernehmen. "Die Planungen sehen vor, dass zwei der Flugzeuge in Berlin und bis zu zehn in Düsseldorf stationiert werden", ergänzte der Insider. Von der deutschen Hauptstadt aus solle eine Verbindung zur US-Ostküste angeboten werden. Die Ziele New York und Washington stünden ganz oben auf der Liste.

Flüge nach Abu Dhabi, Los Angeles, Chicago und San Francisco sowie die Verbindung Düsseldorf–Boston werden nur noch bis 1. Oktober durchgeführt. Erste Verbindungen werden sogar schon ab dem 18. September gestrichen. Das geht aus einer internen Aufstellung hervor. Passagiere, die bereits ein Ticket für diese Verbindungen gekauft haben, sollen kurzfristig umgebucht werden – sofern es Platz gibt, schreibt die "Bild".

Zu kleine Flotte

Air Berlin tat sich schwer damit, ein profitables Langstreckengeschäft aufzubauen. Dafür war die Flotte mit 17 Jets zu klein. Zudem waren auf den Verbindungen von und nach Berlin Geschäftsreisende, die sehr viel für ein Ticket ausgeben, rar. Wegen massiver operativer Probleme auf dem Flughafen Tegel gab Air Berlin jüngst bei Langstreckenflügen Düsseldorf den Vorrang.

Im Ringen um die Zukunft der insolventen Fluglinie wird nach Informationen von Insidern für Mitte September eine Entscheidung über den oder die Käufer angepeilt. Interessenten könnten bis Mitte September Gebote abgeben und ihre Konzepte vorstellen. Dann soll der Gläubigerausschuss darüber beraten und womöglich entscheiden. Air Berlin verhandelt neben der Lufthansa noch mit drei weiteren Unternehmen über einen Verkauf. Als Interessenten für Teile der Fluggesellschaft gelten vor allem die britische Easyjet und der Ferienflieger Condor. Am Dienstag hat sich Niki Lauda bei den Insolvenzverwaltern in Berlin angesagt, um sich die Bücher anzusehen. Lauda hatte seine Airline Niki 2011 an die Deutschen verkauft.

Ryanair will doch nur Teile

Ryanair ist nach den Worten von Marketingchef Kenny Jacobs nur an Teilen der Air Berlin interessiert. "Wir interessieren uns für einige Vermögenswerte von Air Berlin, hauptsächlich die Routen, die wir betreiben könnten", sagte Jacobs am Dienstag. Ryanair-Chef Michael O'Leary hatte dagegen in der vergangenen Woche erklärt, eine komplette Übernahme in Betracht zu ziehen.

80.000 Menschen fliegen täglich mit Air Berlin. Die Start- und Landerechte, sogenannte Slots (der Marktwert liegt dem Vernehmen nach bei über 170 Millionen Euro), würden im Fall einer Zahlungsunfähigkeit zurück an die nationale Flughafenkoordination in Frankfurt gehen. Sie vergibt die Slots dann wieder, wobei die Hälfte an neue Bewerber gehen würde, die an dem jeweiligen Airport noch keine Rechte haben. Und das will die Lufthansa in jedem Fall verhindern. Es war auch mit ein Grund, weshalb die deutsche Regierung einen Überbrückungskredit von 150 Millionen Euro zusicherte. (cr, 29.8.2017)