Versteht den Stallkollegen Perez nicht: Esteban Ocon.

Foto: APA/AFP/VENANCE

Hat keine Angst: Sebastian Vettel.

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Spa-Francorchamps – Nach Platz zwei in Belgien will Sebastian Vettel den Ferrari-Tifosi in Monza den ersten Sieg der Roten seit 2010 bescheren und damit gleichzeitig die Erfolgsserie von Mercedes in Italien beenden. Im engen Duell mit Lewis Hamilton um die Weltmeisterschaft muss der deutsche Spitzenreiter verhindern, dass der nur noch sieben Punkte zurückliegende Engländer weiter aufholt.

"Wir sind auf dem richtigen Weg, und ich denke, es gibt von jetzt an keine Strecke mehr, vor der wir Angst haben müssen", sagte Vettel, ehe er Spa-Francorchamps verließ. Der schnelle Kurs in den belgischen Ardennen galt im Vorfeld als Paradestrecke von Mercedes – ebenso wie jene im Königlichen Park von Monza, wo bereits am nächsten Sonntag (14.00 Uhr/live ORF eins, RTL und Sky) der 13. Saisonlauf gefahren wird.

Vettel hat das Heimrennen der Scuderia schon dreimal gewonnen, allerdings nie im Ferrari: 2008 feierte der Deutsche im Toro Rosso seinen ersten Grand-Prix-Sieg, 2011 und 2013 folgten weitere Monza-Triumphe im Red Bull. Seit drei Jahren ist Italien nun aber fest in Mercedes-Hand: Hamilton 2014 und 2015 und Nico Rosberg im Vorjahr hießen die Champions. Wie Vettel kommt auch Hamilton auf drei Siege in Monza, wo er bereits 2012 in einem McLaren gewonnen hatte.

Force-India-Teamchef: "Habe keine Wahl"

Ganz andere Themen gibt es bei Force India. Sergio Perez und Esteban Ocon gerieten in Spa gleich zweimal aneinander. Das erste Mal nach dem Start, beim zweiten Vorfall in der 30. Runde drückte Perez den jungen Franzosen Ocon im Start-/Zielbereich kompromisslos an die Mauer. Der Mexikaner bezahlte das mit einem geplatzten rechten Hinterreifen, während sich Ocon seinen linken Frontflügel beschädigte.

Das erste Scharmützel könne er noch irgendwie akzeptieren, meinte Ocon, "denn es war beim Start des Rennens, und wir waren zu dritt". Der zweite Kontakt mit Perez jedoch "war zu viel. Er hat mich an die Mauer gedrückt, hat meinen Frontflügel erwischt und das Rennen von uns beiden ohne Grund riskiert", sagte der Franzose, der die Aggressivität von Perez nicht verstehen kann.

Die Piloten, die nach einer ähnlichen Situation beim Großen Preis von Aserbaidschan bereits verwarnt worden waren, konnten zwar nach Reparaturarbeiten weiterfahren, in die Punkteränge kam jedoch nur Ocon, der das Rennen als Neunter beendete. Er warf nach dem Rennen seinem Teamkollegen vor, die Gesundheit der beiden aufs Spiel gesetzt zu haben. Teamchef Vijay Mallya kündigte an, seine Schützlinge künftig nicht mehr frei gegeneinander fahren zu lassen.

"Unter diesen Umständen habe ich keine andere Wahl, als eine Politik der Teamorder einzuführen, im Interesse der Sicherheit und um die Position des Teams in der Konstrukteursmeistschaft zu sichern", ließ der Inder in einer Aussendung wissen. "Ich bin mit unseren Leistungen über die Saison 2017 sehr glücklich gewesen. Aber so sehr ich Rennfahren unter Konkurrenzdruck unterstütze, die wiederholten Vorkommnisse mit beiden unserer Autos sind sehr beunruhigend geworden."

WM-Duellanten auf nahezu gleichstarken Boliden

Der GP von Italien verspricht jedenfalls ein extrem heißer Tanz zu werden: Die beiden erfolgreichsten Piloten von Monza im aktuellen Fahrerfeld matchen sich in mittlerweile nahezu gleich starken Autos. "Ich denke, letztlich war Ferrari heute schneller", meinte Hamilton sogar nach seinem Sieg in Belgien. Entscheidend für den Erfolg war das Qualifying, in dem sich Hamilton mit der 68. Pole seiner Karriere vor Vettel gesetzt hatte. Schon vor der Sommerpause hatte der Ferrari-Star bei der Startplatzjagd noch Nachbesserungsbedarf gesehen.

Zweimal schaffte es Vettel in diesem Jahr auf die Pole Position, siebenmal schon Hamilton. Die größere Stärke des SF70 H von Vettel liegt im Rennen, und das mittlerweile auf jedem Streckentyp. "Auf dem Papier sah es vor dem Rennen zumindest so aus, als läge uns der Kurs nicht besonders", meinte Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene in Belgien. "Wir haben aber gezeigt, dass wir bis zur letzten Kurve um den Sieg kämpfen können."

In Monza wird sein Team von Zehntausenden Fans angetrieben. Was Vettel erwartet, sind Emotionen pur, zumal er als WM-Leader kommt und sich mit seinem neuen Vertrag bis Ende 2020 zu Ferrari bekannte.

Dritter Sieg in Serie?

Dem Gesetz der Serie in diesem Jahr folgend, dürfte Hamilton diesmal nicht ganz oben auf dem Podest stehen, denn noch nie konnte in diesem Jahr hat ein Fahrer zwei Rennen nacheinander gewinnen. Gelingt es Hamilton doch, würde er nach Punkten zumindest zu Vettel aufschließen und bei Gleichstand dank der höheren Zahl der Siege auch erstmals in diesem Jahr die WM-Führung übernehmen.

"Es ist noch nicht vorbei", sagte Hamilton ziemlich nüchtern. Die Strapazen eines harten Kampfes auf höchstem Niveau merkte man ihm auch Stunden nach seinem Sieg noch an, als er das Rennen mit Latzhose in der Unterkunft von Mercedes analysierte – entschlossen, aber keineswegs siegessicher. "Was beruhigend ist nach 200 Grand Prix: Ich bin stärker als je zuvor. Man sagt ja, dass man im Alter schlechter wird. Ich denke, das ist genau umgekehrt", so Hamilton. (APA, red – 28.8. 2017)