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Dieselmotoren spalten die Politik.

Foto: AP/Frank Augstein

Die Zukunft des Verbrennungsmotors ist zu einem Knackpunkt für Koalitionsverhandlungen zwischen Union und Grünen nach der deutschen Bundestagswahl geworden. CSU-Chef Horst Seehofer hat das Festhalten an Dieseln und Benzinern zur Voraussetzung für eine Regierungsbeteiligung seiner Partei gemacht.

Die Antwort der Grünen kam postwendend: Spitzenkandidat Cem Özdemir formulierte das Ende des Verbrennungsmotors als Koalitionsbedingung. "Grüne gehen in keine Koalition, die nicht das Ende der Ära des fossilen Verbrennungsmotors einleitet und den Einstieg in den abgasfreien Verkehr schafft", sagte Özdemir den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Für ein Bündnis der Union mit den Grünen besteht damit eine hohe Hürde. In ihrem Wahlprogramm fordern die Grünen, ab 2030 keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen.

Axt gegen Wohlstand

"Ein Verbot des Verbrennungsmotors legt die Axt an die Wurzel unseres Wohlstands", warnte hingegen Seehofer. Der Verbrennungsmotor sei in Koalitionsgesprächen für die CSU genauso wenig verhandelbar wie Steuererhöhungen, eine Erleichterung der Zuwanderung und eine Lockerung der Sicherheitspolitik. Deutschland sei dabei, in der Dieseldiskussion "flächendeckend die Nerven zu verlieren".

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Länder wie Frankreich und Großbritannien überlegen, bis spätestens 2040 den Verkauf von Diesel- und Benzinautos zu verbieten. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte kürzlich einen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor als im Ansatz richtig bezeichnet. Allerdings könne sie "noch keine präzise Jahreszahl nennen". Mit Diesel oder Benzin betriebene Autos würden noch auf Jahrzehnte unersetzlich sein, sagte sie am Sonntag im ZDF-Sommerinterview: "Diese Brückentechnologie werden wir nicht Jahre brauchen, sondern, ich würde sagen, Jahrzehnte."

Merkel legt sich nicht fest

Die internationale Festlegung auf weitgehend CO2-freies Wirtschaften zum Ende des Jahrhunderts bedeute zwar automatisch, dass der Verbrennungsmotor dann nicht mehr die Antriebstechnik von Autos sein werde. "Aber wir sind im Jahr 2017", so Merkel. Sie wolle den Menschen daher sagen, "dass es auch falsch wäre, jetzt eine konkrete Jahreszahl festzulegen".

In einem am Montag veröffentlichten "tageszeitung"-Interview sprach sich Merkel auch dagegen aus, mehrere Milliarden Euro in die Nachrüstung alter Dieselautos zu stecken: "Wenn ich in alte Technologie pro Auto noch mal 1.000 bis 2.000 Euro stecke und die Wirtschaft dafür zwischen zehn und 20 Milliarden Euro aufwenden muss, die sie nicht in die Entwicklung neuer Technologien stecken kann – ist das eine Investition, die der Staat befördern sollte?", so Merkel. "Ich möchte keine Lösung, die zwar Millionen Dieselfahrer betrifft, aber gleichzeitig dazu führt, dass die Autoindustrie sich nicht ausreichend um eine ressourcenschonende Zukunft kümmern kann."

Seehofer sagte den Funke-Zeitungen, er habe mit Merkel darüber, dass sie keine Jahreszahl nennen könne, gesprochen. "Sie hat mir sofort gesagt, dass ihre Aussage überhöht und interpretiert wurde." Auf die Nachfrage, ob Merkels Worte falsch ausgelegt wurden, sagte der CSU-Chef: "Sie hat keine Jahreszahl für ein Verbot genannt. Ich bin kein Anhänger einer Verbotspolitik, und Angela Merkel ist es auch nicht."

Auch SPD zurückhaltend

Fahrverbote für Dieselautos will Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) auf jeden Fall vermeiden. "Keinesfalls, so wie es mir hier und da unterstellt worden ist, bin ich etwa eine Feindin der Automobile oder des Autofahrens", sagte Hendricks am Sonntag. Fahrverbote würden die Besitzer von Dieselautos treffen, die keine Schuld an den hohen Schadstoffemissionen hätten.

Allerdings könne sie nichts garantieren, "weil das womöglich am Ende Gerichte entscheiden werden". Derzeit laufen Klagen wegen Überschreitung der Luftqualitätsgrenzwerte in einer Reihe von deutschen Städten. "Wenn es dazu käme, wäre es natürlich kein flächendeckendes Fahrverbot, sondern bezogen auf eine bestimmte Stadt in einer bestimmten Wetterlage", so Hendricks. (red, 28.8.2017)