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Erfolgreiche berufstätige Ägypterinnen gibt es als Vorbilder immer wieder. Doch die Mehrheit der "Töchter des Nils" kämpft noch immer um gleiche Chancen und Anerkennung.

Foto: REUTERS/Amr Abdallah Dalsh

Die Ernennung der ersten Frau als Gouverneurin einer der ägyptischen Provinzen hat Anfang des Jahres für viel nationales und internationales Lob gesorgt. Präsident Abdelfattah al-Sisi hatte die Beförderung mit dem Hinweis auf das "Jahr der Frau" begründet, das er für 2017 ausgerufen hat.

Er versprach, Frauen in allen Bereichen zu fördern. Gleichzeitig prangten in der Hauptstadt Kairo auf großen Plakatwänden Botschaften wie "Bist du eine alte Jungfer?" oder "Ein Mann im Haus ist besser als ein Diplom an der Wand". Eine Lebensmittelfirma wollte mit diesem Griff in den ägyptischen Sprichwortschatz eigentlich diesen frauenverachtenden Stereotypen entgegenwirken. Allein die Absicht wurde nicht verstanden. Es brach ein Sturm der Entrüstung los, und die Firma musste ihre Werbekampagne abbrechen.

Fundamentalismus wächst

Die Kampagne hat aber die Aufmerksamkeit auf ein sensibles Thema gelenkt, denn solche degradierenden Volksweisheiten sind in vielen Köpfen fest verankert. Frauen als hilflos, ineffizient und unausgeglichen darzustellen gehört zum Schema. Natürlich gibt es die außergewöhnlichen Ägypterinnen, die auch über die Landesgrenzen hinaus erfolgreich sind. Gut drei Dutzend "Töchter des Nils" hat Samia Spencer in einem Buch porträtiert. Es sind Frauen, die bei der UN, bei internationalen Banken oder Universitäten oft gegen gesellschaftliche Widerstände Karriere gemacht haben und als Vorbilder dienen.

Insgesamt verharrt die Beschäftigungsrate der Frauen aber mit 23 Prozent über Jahre konstant auf einem tiefen Niveau. Dafür ist ihre Arbeitslosenrate mit 25 Prozent dreimal höher als jene der Männer. Ägypten steht auf Platz 132 von 144 Ländern im Gender-Gleichheitsindex des World Economic Forum.

Kulturelle Hürden und zunehmender Fundamentalismus machen es Frauen immer noch schwierig, außer Haus zu arbeiten. Es gibt nach wie vor Hotels im unteren Preissegment, die allein reisenden Frauen das Übernachten verwehren, was die Jobchancen vor allem von jungen Frauen schmälert. Kürzlich wurde eine TV-Moderatorin für drei Monate suspendiert, weil sie es gewagt hatte, Frauen zu Wort kommen zu lassen, die sich entschieden hatten, als alleinerziehende Mütter zu leben.

Soziale Apartheid

Von sozialer Apartheid spricht Youssri Mustafa. Während die oberen Klassen der Gesellschaft ihre Rechte hätten, hätten die Armen nichts. Das gelte allerdings auch für die Männer, erklärte der Politologe kürzlich bei einem Symposium über Frauenrechte in Kairo.

Die marginalisierten Frauen machen aber den Großteil der Gesellschaft aus. Sie müssen sozialen Normen folgen und leisten viel Arbeit ohne Bezahlung vor allem in der Landwirtschaft oder im Haushalt. Sie besetzen zudem wenig qualifizierte Stellen als Arbeiterinnen in Fabriken, wo sie oft auch sexueller Belästigung ausgesetzt sind. In der Landwirtschaft sind es die Frauen, die 60 Prozent der Lebensmittel produzieren. Als Taglöhnerinnen verdienen sie aber höchstens die Hälfte oder ein Drittel eines Männerlohnes.

Für diese marginalisierten Frauen setzt sich seit Jahren die Vereinigung "Die neue Frau" der Aktivistin Nawla Darwish ein. Diese Frauen lassen sich aber schwer organisieren und im Fall der Hausangestellten sei die Bildung einer Gewerkschaft per Gesetz verboten, so Darwish.

Laut Darwish sind Frauenfragen in Ägypten oft Symbolpolitik ohne Substanz. Im gegenwärtigen repressiven Klima können Organisationen der Zivilgesellschaft zudem kaum mehr arbeiten. Das bekommen auch Frauenorganisationen wie "Nazra – für feministische Studien" zu spüren, gegen die ein Gerichtsverfahren läuft. Die Gründerin Mozn Hassan, die für viele junge Ägypterinnen ein Vorbild ist, ist mit einem Reiseverbot belegt worden. (Astrid Frefel aus Kairo, 25.8.2017)