Nina Tomaselli (32) ist laut Eigenbeschreibung rabiat und grundkritisch.

Foto: Marc Mosman/Grüne

Bregenz – Wenn Nina Tomaselli im Vorarlberger Landtag oder in der Feldkircher Stadtvertretung ans Rednerpult tritt, sind ihr Aufmerksamkeit und Gegenrede der schwarz-blauen Männerriege gewiss. Die Volkswirtin vertritt ihre Anliegen mit Leidenschaft, pointiert und von Zwischenrufen unbeeindruckt. Sie weiß: Die meisten ihrer Gegner sind ihr rhetorisch und fachlich unterlegen. Seit 2014 ist sie für die Grünen im Landtag, betreut schwerpunktmäßig die Themen Finanzen, Raumordnung, Wohnbau.

Als Rolemodel für junge Frauen versteht sich die Feministin nicht, das Feedback der Frauen ist ihr aber sehr wichtig. Das Rabiate an ihr sei es, was Frauen "ganz altersunabhängig" beeindrucke, sagt Tomaselli lachend. "Die Frauen finden es wichtig, dass ich mich dem Wettbewerb in der Männerdomäne Politik stelle."

Die Reaktionen aus der Volkspartei, seit 2014 Regierungspartner der Grünen, auf Tomasellis oft oppositionelle Argumente fallen weniger positiv aus. Nicht immer gefalle es dem Regierungspartner, dass sie sich nicht mit jedem Kompromiss zufriedengebe. Ihre "grundkritische Art" sei halt nicht immer gefragt.

Brennen für die Landtagsarbeit

Halbe Sachen mag Tomaselli nicht. Deshalb sieht sie sich auf der Nationalratsliste (Platz vier der Landesliste) nur als Unterstützungskandidatin. Ihr Platz sei im Landtag: "Ich brenne für meinen Job und bin bis 2019 gewählt." Bis dahin sei einiges zu erledigen, beispielsweise das Paket für leistbares Wohnen und das neue Raumplanungsgesetz. Die Entspannung auf dem Wohnungsmarkt müsse spürbar werden, Wohnen müsse man sich wieder leisten können, fordert Tomaselli.

Ob es sie jemals nach Wien ziehen wird, weiß Tomaselli noch nicht. Darüber mache sie sich noch keine Gedanken. Jetzt stehe der Wahlkampf an. Auf den freue sie sich, "weil ich eine leidenschaftliche Wahlkämpferin bin, das Gespräch und die Diskussionen mit den Bürgerinnen und Bürgern genieße".

Wahlkämpfe hat sie bereits einige hinter sich. 2010 startete sie als Parteifreie ihre Politiklaufbahn in der Gemeindevertretung von Frastanz (Bezirk Feldkirch). Die Arbeit mit den Grünen habe sie sich zwei Jahre lang genau angeschaut, bevor sie Parteimitglied wurde. Heute ist sie überzeugt, "dass die Grünen die einzig bewährte Kraft gegen Klimawandel und Sozialabbau und für die Gleichstellung der Frau sind".

Wütend über Zahlenspiele der ÖVP

Tomaselli wird nun ihren ersten Wahlkampf erleben, bei dem die erfolgsgewohnten Vorarlberger Grünen – 2013 fuhren sie mit 17 Prozent das bundesweit beste Resultat ein –mit Konkurrenz aus den eigenen Reihen konfrontiert sind. "Ja, dieser Wahlkampf wird nicht einfach", räumt die sonst so optimistische und energiegeladene Jungpolitikerin ein. "Ich finde es total schade, dass man mehr mit Streitereien und Befindlichkeiten in den Schlagzeilen steht als mit Inhalten Erfolgen", verweist sie auf Erfolge der Grünen wie das Bildungspaket und das Unigesetz.

Wütend machen sie in der aktuellen Auseinandersetzung "unseriöse Zahlenspiele von ÖVP und FPÖ". Wer wie Sebastian Kurz eine Senkung der Abgabenquote um drei Prozent fordere, spiele mit dem Feuer. "14 Milliarden, das sind 18 Prozent des Bundesbudgets. Jeder fünfte Euro bricht weg", rechnet Tomaselli. Ihre Folgerung: "Dann muss man ja auch ein Fünftel der Ausgaben sparen. Aber wo wird das dann gemacht? Da will ich Antworten."

Die Steuersenkung sei ein Vorwand für Sozialabbau, vermutet Tomaselli. "Nur, das traut sich keiner sagen." Sie wird es tun, als Wahlkämpferin, "auch wenn das nicht einfach wird". (Jutta Berger, 11.9.2017)