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Wien – Eine Pressemitteilung erreichte den STANDARD: Auf französischem Staatsgebiet sei am Dienstag ein Quadratmeter Land besetzt und zu arkadischem Hoheitsgebiet erklärt worden. Es befinde sich rund 20 Kilometer westlich von Straßburg. Die Koordinaten: N 48.575579° und E 7.493460°. Das Stück gehöre nicht mehr zu Frankreich, heißt es weiter in dem Schreiben. Und fremde Staatsgewalt dürfe Personen hier nicht mehr belangen. Die französische Regierung sei aufgefordert worden, entsprechende Grundbucheinträge vorzunehmen.
Hinter der Pressemitteilung steckt nicht etwa eine Gruppe Staatsverweigerer, sondern der deutsche Konzeptkünstler Peter Kees. Im Jahr 2013 besetzte er erstmals ein Fleckchen Erde und rief in Finnland den Staat Arkadien beziehungsweise "das Land des ewigen Glücks" aus.
Arkadien ist eigentlich der Name einer Landschaft in Griechenland, vor allem aber ein mythischer Ort, der seit der Antike als Gegenentwurf zur Zivilisation in der Literatur auftaucht. Ein "Topos, der unsere Kulturgeschichte prägt", sagt Kees – und sein Leben. Denn schon als Jugendlicher habe ihn diese Idee eines Naturidylls voller Glück und Freiheit, ohne gesellschaftlichen Anpassungsdruck und ohne Krieg oder Aggression beschäftigt. Weil es einen solchen Ort in der realen Welt nicht gebe, habe er ihn selbst geschaffen, erzählt Kees.
Die besetzten Fleckchen in ganz Europa – etwa am Walchensee in Deutschland, an der Lauwerszee in den Niederlanden oder in der tschechischen Hauptstadt Prag – addieren sich zum Staat Arkadien, sagt Kees. Seine Landnahmen sieht er als "Fragezeichen", als "Infragestellen" oder "Gegenüberstellen" von "idealem Leben und Realität".
2006 eröffnete er die erste arkadische Botschaft in Havanna. Auch in Deutschland hat der erfundene Staat Vertretungen – etwa in der Kunsthalle Rostock oder in der Galerie Artmbassy in Berlin, wo 2008 ein arkadischer Nationalfeiertag begangen wurde. Auf der diesjährigen Documenta in Kassel stellte Kees "Asyltüten" auf: Sie waren mit Erde gefüllt. In dem heuer erschienenen Band "Botschaft von Arkadien" werden seine Interventionen dokumentiert sowie der Mythos etwa aus philosophischer Sicht beleuchtet.
Auch in Österreich liegt seit 2015 ein Stück Arkadien – in Götzis in Vorarlberg. Erfolglos blieb Kees' Versuch, ein Territorium in der Türkei einzunehmen. Im Juli wollte er die Materialien für einen arkadischen Quadratmeter im türkischen Generalkonsulat in München überreichen – mit der Bitte, ihn "baldmöglichst errichten zu lassen". Das Konsulat verweigerte laut Kees jedoch die Annahme und ließ ihn des Platzes verweisen.
Eine Reaktion seitens der Behörden gab es bisher zudem aus der Schweiz, erzählte Kees dem STANDARD. Auf sein Informationsschreiben über die Besetzung erhielt er eine Antwort: Darin wurde festgehalten, dass seine Landnahme im Kanton Obwalden am Aecherlipass weder völker- noch staatsrechtliche Konsequenzen habe. (Christa Minkin, 23.8.2017)
Region Piemont über dem Lago Maggiore bei Cannobio, Italien: N 46° 5' 19.04" / E 8° 41' 12.01".
Quadratmeter in der tatsächlich existierenden Region Arkadia auf der Peloponnes-Halbinsel in Griechenland: N 37° 30' 57.09" / E 22° 11' 40.19".
Arkadischer Quadratmeter 20 Kilometer südöstlich von Brüssel, Belgien: N 50° 46' 39.57" / E 4° 34' 9.05".
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