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Sätze mit "zustehen": Der Autor Mark Twain, im Bild mit seiner Frau und seiner Tochter, machte sich bereits über den deutschen Nachklapp lustig.

Foto: AP / 1900

Das Deutsche ist ein Hund. Natürlich ist es nicht der einzige Hund, weil jede Sprache denen, die sich daran machen, sie zu erlernen, Gemeinheiten zwischen die Beine wirft. Aber das Deutsche ist manchmal ein ganz besonders bissiger Hund.

Nehmen wir das schlichte und weit verbreitete Wort "stehen" zum Beispiel. 24 Bedeutungen dieses Verbums offeriert uns der Duden, vom elementaren "aufgerichtet sein" über das umgangsprachliche "auf etwas stehen" (von einer Person oder einer Sache angetan sein) bis hin zu fach- und sondersprachlichen Verwendungen: In der Seemannssprache wird das "stehen" dem Wind zugeschrieben, wenn er aus einer bestimmten Richtung weht.

Erheblich komplizierter wird es, wenn sich das "stehen" mit diversen Präpositionen oder Vorsilben vermählt: "abstehen", "anstehen", "aufstehen", "beistehen", "bestehen", "erstehen" und so fort, bis hin zum alphabetisch weit hinten rangierenden "zustehen". Hier muss sich der arme Deutschlernende nicht nur mit einer Fülle von Bedeutungsnuancen einzelner Komposita herumschlagen.

Barocke Anzahl von Satzgliedern

Auch das grammatikalisch häufig erforderliche Zerteilen sogenannter trennbarer Verben ("zustehen", aber: dieses Geld steht mir seit einem Jahr zu) ist ein veritabler Hund, vor allem dann, wenn eine barocke Anzahl von Satzgliedern zwischen das Verb und die am Satzende stehende, "abgetrennte" Präposition hineingestopft wird.

Hier ein mutwillig in die Länge gezogenes Beispiel: "Dieses Geld steht mir, ebenso wie viele andere Vergünstigungen, welche ich mir durch harte Arbeit und konstantes Wohlverhalten redlich erworben habe, ohne jeden Zweifel auch in Zukunft zu."

Das ist der berüchtigte, nur von sehr talentierten Ausländern zu meisternde deutsche Nachklapp, über den sich schon Mark Twain lustig gemacht hat. Wie immer dem sei: An ernsthaften, heiteren und hämischen Debatten über das, was wem zusteht, und darüber, ob man sich das Zustehende auch holen darf, herrscht momentan kein Mangel. Wenigstens ein kleiner Erfolg für die SPÖ, die sonst von Wahlkampferfolgen nicht über die Maßen geplagt wird. (Christoph Winder, 20.8.2017)