Das Shopping Center Nord ist nicht so groß wie die Shopping City Süd und nicht so zentral gelegen wie The Mall in Wien Mitte. Durch jahrelange Umbauarbeiten und damit verbundene Leerstände gehen noch mehr Kunden verloren. Vor drei Jahren wechselte der Eigentümer, seither wird renoviert.

Foto: Regine Hendrich

Wien – Ein Elternpaar zieht seine Tochter durch den Gang, an den runden Tischen vor der Konditorei trinken einige Pensionisten ihren Kaffee, und im kleinen Friseursalon hat gerade ein Mann vor dem Spiegel Platz genommen. Ansonsten ist wenig los an diesem Mittwoch im Shopping Center Nord. Bei einigen Geschäften sind die Rollläden heruntergezogen, viele Wände sind mit bunten Plakaten behangen. "Wir bauen für Sie um", heißt es auf einem davon. "Die bauen schon seit Jahren um!", sagt Marianne Hofmann, die bei Kleiderbauer am Eingang arbeitet. Und seit Beginn des Umbaus sei es nicht besser, sondern schlechter geworden.

Dabei sieht der Einkaufskomplex in Wien-Floridsdorf nicht wie eine verfallene Baustelle aus. Ganz im Gegenteil: Das Dach ist mit einer modernen Glasfassade gebaut, an der Decke hängen bunte Luftballons, und der Steinboden glänzt frisch poliert. Trotzdem hört man vom Shopping Center Nord nur wenig. Es ist weder so zentral gelegen wie The Mall in Wien Mitte noch so groß wie das Shopping Center Süd noch so hip wie das Donauzentrum in der Donaustadt. Und doch sei der Standort eigentlich ideal, sagt Hofmann. Man könnte die knapp 160.000 Floridsdorfer als erste Anlaufstelle versorgen, zudem kämen viele Gäste aus den umliegenden Orten wie Klosterneuburg, Stockerau oder Mistelbach.

Eigentümer gewechselt

Wären da nicht die ständigen Umbauarbeiten. Vor mehr als drei Jahren wechselte das rund 36.000 Quadratmeter große Areal den Eigentümer: Von der australischen APN Property Group ging es an den Retailinvestor Tristan Capital Partners. Der neue Eigentümer kündigte eine Renovierung an. Seither laufen die Umbauarbeiten. Geschäfte wie Libro oder Thalia sind umgezogen. Manche Geschäfte sperren auf und dann gleich wieder zu, sagt Gerhard Sporer. Er wohnt gleich gegenüber dem Shopping Center und kauft hier seit vielen Jahren ein.

In dem jährlichen Performance-Report des Beratungsunternehmens Standort+Markt landete das Shopping Center Nord auf Platz 74 von insgesamt 80 befragten Unternehmungen in Österreich. Grund dafür seien die langen Leerstände. Diese werden von den Konsumenten sofort bestraft, meint Sabine Schober von Standort+Markt. Joachim Will, der die Studie durchführte, sagt, die Mieter seien schon seit langem unzufrieden. Das Shopping Center Nord befinde sich in einer "Sandwichlage": Enorme Konkurrenz komme aus dem Norden durch das G3, den Platzhirsch Donauzentrum sowie das Q19.

Zudem sei der Shopping-Center-Markt in Österreich bereits gesättigt, meint Will. Auf einer vermietbaren Fläche von fast vier Millionen Quadratkilometern gibt es in Österreich derzeit 230 Einkaufsdestinationen. Statt neuer Einkaufszentren werde es daher in Zukunft Revitalisierungen und Erweiterungen geben. Das hat auch mit der Entwicklung des Onlinehandels zu tun: Laut einer Marktstudie des Immobiliendienstleisters EHL aus dem ersten Halbjahr 2017 erfolgen 12,2 Prozent der Konsumausgaben in Österreich bereits über das Internet. Die Folgen seien Flächenverkleinerungen, Leerstände, niedrigere Mieten und Schließungen bis hin zu Insolvenzen.

Tijana Simic, Marketingleiterin des Shopping Center Nord, ist nicht besorgt. Sie sieht im Shoppingcenter einen Nahversorger für den Norden Wiens. Es sollen heuer noch ein Mode- sowie ein Sportgeschäft hinzukommen. Die umliegenden Shoppingcenter seien keine Konkurrenz. "Der Bedarf an Einkaufsmöglichkeiten ist weiterhin da", sagt Simic. Sie verweist auf das Krankenhaus Nord sowie Wohnungen, die in Floridsdorf in den kommenden Jahren entstehen und Kunden bringen sollen. Die Umbauarbeiten sollen im Frühjahr 2018 abgeschlossen sein.

Daran scheinen im Center selbst allerdings nur wenige zu glauben. Es gebe nach wie vor zu wenig Angebote, es fehlten ein Buchladen und eine Bank, meint Hofmann. So sieht es auch Tamara Riß. Die 24-Jährige ist eine der wenigen jungen Kundinnen, auf die man im Center trifft. Sie gehe aber zum Einkaufen lieber ins Donauzentrum. Dort habe sie mehr Auswahl, außerdem sei mehr los.

Einige Kunden schätzen Ruhe

Genau diese Ruhe ist es aber, die andere hierherverschlägt. Wie Alexandra Zlabinger, die seit zwanzig Jahren jeden Samstag aus Hagenbrunn zum Frühstücken kommt. Von den Verkäuferinnen kennt sie viele beim Namen. Manche winken ihr zu, wenn sie an den Geschäften vorbeigeht. Oder wie Rudolf P., der seit Eröffnung zum Einkaufen kommt. "Es ist hier nicht so laut und deswegen angenehmer", sagt er.

Geht es nach der Bezirksvorsteherstellvertreterin Ilse Fitzbauer (SPÖ), soll Floridsdorf weiter wachsen und vermehrt Zuzug bekommen. Damit könnten vielleicht auch Leerstände im Shopping Center Nord reduziert werden. Joachim Will relativiert: Dass aus einem Sorgenkind ein Topperformer wird, sei äußert selten. (Jakob Pallinger, 18.8.2017)