Wien – Geht es nach der (nicht rechtskräftigen) Anklageschrift in der Causa verdeckte Parteienfinanzierung durch die Telekom Austria, so hat das Unternehmen auch einen hohen Vertreter des eigenen Zentralbetriebsrats und ÖVP-Gewerkschafter bezahlt. Im Gegensatz zu den Politikern, deren Parteien beziehungsweise parteinahe Institutionen Gelder genommen haben sollen, ist der Exfunktionär der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) aber auch angeklagt worden. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Der derzeit suspendierte Beamte hat laut Vorwurf der Staatsanwaltschaft (StA) Wien 138.000 Euro aus den "schwarzen Kassen" der Telekom Austria (TA) bekommen, via Agentur Valora von Exlobbyisten Peter Hochegger. Er soll gewusst haben, dass sein Geld von der TA kam, für die er dafür keine Leistungen erbracht habe.

"Soziale Angelegenheiten"

Der Beschuldigte selbst sagte dagegen aus, er habe Hochegger in "sozialen Angelegenheiten beraten"; seine Rechnungen lauten auf "Beratungstätigkeit in sozialrechtlichen Fragen des Telekombereiches". Aufzeichnungen zu seiner Arbeit gibt es freilich nicht: Er habe einen neuen Computer, die alten Daten gebe es nicht mehr. Auch Hochegger habe er nie Schriftliches übergeben, man habe immer nur miteinander gesprochen.

Was die Honorarhöhe betrifft, hatte der Beamte das Ziel, monatlich 3.000 Euro netto dazuzuverdienen, heißt es im Einvernahmeprotokoll. Der Kronzeuge in der Causa TA, Gernot Schieszler, sagte dagegen sinngemäß aus, dass das TA-Management da einen Betriebsratsfunktionär mit einer Art Kompensationszahlung eingekauft habe, weil der mit seinem Gehalt unzufrieden war. Denn der Gewerkschafter wurde bei Antritt seiner Tätigkeit im TA-Zentralausschuss – im Gegensatz zu seinen Vorgängern – nicht auf die höchste Besoldungsstufe für TA-Beamte gehievt.

Interesse an Zulagen

Zwar bestritt der Beschuldigte diese Darstellung, aus einer E-Mail des dafür Zuständigen im TA-Personalamt an Vorstandsmitglied Schieszler von 2007 erschließt sich aber, dass sich der Mann "in den beiden letzten Jahren mehrmals darüber beklagt" habe. Der Zentralbetriebsratsfunktionär habe ihn "sehr oft wegen irgendwelcher Zulagen angesprochen, ... beinahe 14-tägig", berichtete der Personalist in seiner Zeugenaussage.

Lobbyist Hochegger (auch er ist angeklagt) rechtfertigte die Zahlungen an den TA-Belegschaftsvertreter, der habe ihn "laufend über seine Gespräche zum Thema Regulierung und Investitionsschutz" mit ÖVP-Politikern "informiert". Dafür habe er zwischen Mitte 2007 und Herbst 2008 die 138.000 Euro bekommen. Im parlamentarischen U-Ausschuss fasste Hochegger das unter dem Begriff "Beziehungsnetzwerkpflege" der TA zusammen.

Für ihn selbst sei es rund um die damals geplante Beamtenagentur (zwecks Abbau bzw. Ausgliederung von TA-Beamten, Anm.) "wichtig gewesen, die Denkweise und Argumentationslinie der Belegschaftsvertreter zu erfahren", das sei ihm "sukzessive" auch gelungen. Er, Hochegger, habe dann dem damaligen TA-Festnetzchef Rudolf Fischer berichtet. Er habe "Informations- und Aufklärungsarbeit" dort geleistet, "wo Widerstand (gegen die Beamtenagentur, die nie kam, Anm.) bestand.

"Kein Bedarf" für Genehmigung seiner Tätigkeiten

Und wie kam der Beratungsjob des schwarzen Telekom-Personalvertreters in der TA an? Dort wusste man offiziell nichts davon, denn der Beamte hatte seine Nebentätigkeit (gesetzeswidrigerweise) "nicht explizit gemeldet", wie er 2010 in einem Gespräch mit der auf Basis einer anonymen Zuschrift aufmerksam gewordenen internen Revision sagte. Er habe für eine Genehmigung seiner Tätigkeit "keinen Bedarf" gesehen, "da es ja keinen Vertrag gegeben hat", sondern nur eine "lose Bestätigung". Zudem habe ihm ja ein Vorstandsmitglied "gratuliert", als er ihm vom Interesse Hocheggers an seiner (bezahlten) Expertise erzählt habe. Ob das Fischer oder Schieszler war, konnte der Mann dem Revisor nicht sagen, aber: Er sei mit beiden per Du und könne sie jederzeit anrufen und sie ersuchen, das zu bestätigen.

Details zum "Volumen der Beratungstätigkeit" über fünf Quartale hinweg gab der Gewerkschafter damals nicht preis. Diese sei seine "private Angelegenheit". (Renate Graber, 17.8.2017)