Berlin – Der deutsche Werberat erhielt im ersten Halbjahr 2017 erstmals die meisten Beschwerden über Onlinewerbung. Das deutsche Selbstkontrollorgan der Branche beanstandete aber kaum mehr Sujets und Kampagnen als in anderen Mediengattungen. Die Seite des Österreichischen Werberats war am Feiertagnachmittag online nicht erreichbar.

57 Beschwerden von insgesamt 223 im ersten Halbjahr 2017 beim deutschen Werberat betrafen Onlinewerbung. 44 Fälle richteten sich gegen TV-Spots, 41 gegen Plakate und 32 Prozent gegen Print-Anzeigen.

"Weit überzogene Protestkultur"

Die weitaus meisten Beschwerden beim deutschen Werberat – insgesamt 150 – beanstandeten neuerlich Geschlechterdiskriminierung. Der deutsche Werberat schreibt in seiner Halbjahresbilanz von einer "weit überzogenen Protestkultur". Er hat in 67 Prozent dieser Beschwerdefälle keinen Verstoß gegen die Verhaltensregeln des Werberats gefunden.

Als Beispiele für die "weit überzogene Protestkultur" nennt der deutsche Werberat etwa Beschwerden über einen Onlinespot eines Möbelhauses, in dem der vom Handy abgelenkte Mann aus einer Blumenvase Wasser in sein Glas gießt, was die Frau nachsichtig lächelnd übergeht. Der Werberat: "Dass bei dem gezeigten Pärchen die Frau gern dekoriert und der Mann hierfür keinen Sinn zu haben scheint, bedeute keine Diskriminierung von Frauen oder Männern. Der Spot spiegele reales Kundenverhalten und beinhalte erkennbar keine Diskriminierung oder Abwertung."

Auch eine Beschwerde gegen die Fahrzeugwerbung eines Getränkelieferdienstes, zeie die "zum Teil weit überzogene Protestkultur": Die an dem Fahrzeug angebrachte Werbefolie zeigt eine trinkende Frau vor einer Meereskulisse. Zu sehen ist der Oberkörper der Frau im Bikini, daneben der Werbetext "… wir bringen die Frische!" Der Werberat sah im Gegensatz zur Beschwerdeführerin keine sexistische Blickfangwerbung vorliegen, da weder eine Pose noch ein Slogan oder das Motiv selbst irgendeinen sexistischen Bezug erkennen ließen.

Sexismus-Rüge: "Fleischeslust"

Unter den fünf Rügen des deutschen Werberats im ersten Halbjahr 2017 findet sich etwa ein Video der Metzgerei Jürgen Reck mit Kommentaren wie "Fleischeslust – zarte Versuchungen" zu solchen Bildern, den auch der Werberat als sexistisch empfand:

Rüge des deutschen Werberats im ersten Halbjahr: Fleischhauer-Spot
Foto: Deutscher Werberat Metzger Jürgen Reck Screenshot

(red, 15.8.2018)