Vor allem für FPÖ und Grüne ist es schwierig, Wahlbeisitzer zu rekrutieren.

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Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl fordert deshalb ein Bußgeld für Parteien, die nicht ausreichend Beisitzer nominieren.

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Wien – Vor jeder Nationalratswahl werden die Wahlbehörden für alle Bundeswahlen in der nächsten Periode neu gebildet. Ein guter Teil von ihnen wird auch heuer nicht vollständig besetzt sein. Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl fordert deshalb ein Bußgeld für Parteien, die nicht ausreichend Beisitzer nominieren.

Das System der Nominierung durch Parteien halte er aber für gut, garantiere es doch die gegenseitige Kontrolle, sagt Riedl im APA-Gespräch. Eine Umstellung nach dem Vorbild der Schöffen – also Bürger zum sonntäglichen Einsatz im Wahllokal zu verpflichten – lehnt er ab. Da wären viele wenig motiviert und die Wahlleiter hätten Probleme, die Aufgaben ordentlich zu erledigen.

FPÖ und Grüne mit "Motivierungsproblem"

Aber der Gemeindebund-Präsident – selbst Bürgermeister im niederösterreichischen Grafenwörth – hat festgestellt, dass auch die Motivation, sich am Wahlsonntag ehrenamtlich (mit meist geringer Entschädigung) zu engagieren, nicht allzu groß ist. Seit der Aufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl durch den Verfassungsgerichtshof – mit einiger Schelte für Wahlbehörden – sei sie noch weiter gesunken.

Die breit verankerten Traditions- und Mitgliederparteien SPÖ und ÖVP hätten zwar wenig Schwierigkeiten, aber FPÖ und Grüne hätten "ein echtes Motivierungsproblem". Nicht selten komme es vor, dass die FPÖ zwar Beisitzer nominiere, diese aber am Wahlsonntag nicht erscheinen, schilderte Riedl ein Problem, das auch in der VfGH-Verhandlung zur Bundespräsidentschaftswahl zur Sprache kam.

31.000 Beisitzer

Das "Motivierungsproblem" von FPÖ und Grünen verursacht bei der Bildung der neuen Wahlbehörden vor allem in den Städten Probleme – haben sie doch mehr Beisitzer zu nominieren als früher. Denn bei der Nationalratswahl 2013 hat die ÖVP in vielen Städten schlecht abgeschnitten, landete oft hinter FPÖ oder Grünen. Und die Wahlbehörden werden (nach dem d'Hondtschen Verfahren, das auch in Teilen der Mandatsermittlung nach der Nationalratswahl angewandt wird) nach der Stärke der Parteien bei der letzten Nationalratswahl besetzt.

Von den Parteien zu nominieren sind die Beisitzer – und von denen braucht man sehr viele: Rund 10.300 Wahllokale wird es geben, also braucht man schon für die "örtlichen" Wahlbehörden mehr als 31.000. In der Sprengelwahlbehörde sind drei Beisitzer vorgeschrieben, in Gemeindewahlbehörden aber neun – und in kleinen Gemeinden gibt es keine Sprengel, sondern nur ein Wahllokal, für das dann die Gemeindewahlbehörde zuständig ist.

Offiziell nur in Einzelfällen Schwierigkeiten

Auch wenn hinter vorgehaltener Hand anderes zu hören ist, beteuerten fast alle Landes- und Stadtwahlbehörden im APA-Rundruf, dass es keine oder nur geringe Probleme bei der Besetzung der Wahlbehörden gibt. Einige Städte haben als Anreiz aber die Entschädigung für Beisitzer erhöht. Und in Vorarlberg wurde eingeräumt, dass die Parteien nicht genug Ersatzbeisitzer finden.

"Es gibt zwar regelmäßig in Einzelfällen Schwierigkeiten, insbesondere im städtischen Bereich bei den kleinen Parteien. Um ein flächendeckendes Problem scheint es sich nicht zu handeln", ging der Salzburger Landeswahlleiter Michael Bergmüller davon aus – zumindest nach der Urlaubszeit – alle Wahlkommissionen besetzen zu können.

In der Stadt Salzburg ist es allerdings "zunehmend schwer, das benötigte Personal für die Wahlsprengel zu finden", erklärte Franz Schefbaumer, der Leiter des Wahlservice. Zwar hat die Stadt im Vorjahr die Entschädigung für die Beisitzer auf 80 Euro erhöht. "Die Erfahrungen und Vorkommnisse nach der vergangenen Bundespräsidentenwahl haben die Personalrekrutierung aber nicht erleichtert", erinnerte Scherbaumer an die Aufhebung der Hofburg-Stichwahl durch den Verfassungsgerichtshof.

"Parteien kriegen nicht genug Leute zusammen"

Auch in dem einen oder anderen der 29 Wahlsprengel der Vorarlberger Landeshauptstadt Bregenz könnte es laut Meldeamtsleiter Martin Rainer am Wahltag "eng werden". Die Wahlleiter und je drei Beisitzer seien gesichert, doch die Liste der ebenfalls je drei Ersatzbeisitzer war bei Ablauf der Nominierungsfrist unvollständig: "Die Parteien kriegen nicht mehr genug Leute zusammen."

Sollte ein Beisitzer nicht auftauchen und kein Ersatz zur Verfügung stehen, müsse die Stadt auf die Schnelle eigene Mitarbeiter aus dem Hut zaubern. Einen finanziellen Anreiz bietet Bregenz nicht: Ein Wahlleiter erhält knapp 30, ein Beisitzer rund 21 Euro. Über eine Erhöhung hat Bregenz trotz der Rekrutierungsprobleme nicht nachgedacht, sondern auf ein neues Wahlrecht mit bundesweit einheitlichen Sätzen gehofft.

Keine Sorgen in Vorarlbergs Städten

Auch Dornbirn, die größte Stadt Vorarlbergs, entschädigt nach dem alten Satz, wobei alle Anwesenden 30 Euro erhalten. Wie in Bregenz konstituierte sich jetzt nur die Gemeindewahlbehörde, die Konstituierung in den Sprengeln erfolgt am Wahlmorgen. Meldeamtsleiter Elmar Schwendinger hegt aber keine Befürchtungen: Die Rekrutierung des Wahlpersonals für die 40 Sprengel "verlief sogar besser als sonst". Man habe sehr früh Kontakt mit den Parteien aufgenommen. "Bis auf fünf sind alle 120 vorgesehenen Ersatzbeisitzer bestellt."

In kleineren Vorarlberger Gemeinden gelang schon früher oft nicht einmal die lückenlose Bestellung von Beisitzern mit Freiwilligen. So muss beispielsweise Michael Tinkhauser, Bürgermeister der 2.500-Seelen-Gemeinde Bludesch (Bez. Bludenz) "auch dieses Mal eigenes Personal rekrutieren". Oder: "Die Parteien nominieren Leute, die gar nicht wollen." Tinkhauser wünscht sich eine Wahlrechtsreform, die den Dienst bei einer Wahl "zur staatsbürgerlichen Pflicht macht wie bei Schöffen, mit Sanktionen, falls man sich weigert". Parteien könnten dann immer noch "Beobachter" stellen.

Verwaltung an der Spitze

Neun Beisitzer schreibt die Nationalratswahlordnung auch für die Bezirkswahlbehörden in den 15 Statutarstädten, 79 politischen Bezirken und 23 Wiener Gemeindebezirken vor – und ebenso für die neun Landeswahlbehörden. Außerdem müsste für jedes Mitglied aller Wahlbehörden ein Ersatz nominiert werden.

Den Vorsitz in den Wahlbehörden haben Organe der Verwaltung: Die Landeshauptleute im Land, die Bezirkshauptleute im Bezirk, in Statutarstädten die Bürgermeister, in den Wiener Bezirken die Bezirksamtsleiter – und in den Gemeinden die Bürgermeister sowie in den Sprengeln (also Wahllokalen) vom Bürgermeister bestellte Personen.

Salzburg zahlt am besten

Sind die örtlichen Wahlbehörden am Wahlsonntag nicht ausreichend besetzt, kann die Wahl dennoch durchgeführt werden. Der Wahlleiter kann dann Vertrauensleute – meist Beamte – heranziehen. Damit eine Wahlbehörde beschlussfähig ist, muss zumindest die Hälfte der Beisitzerposten besetzt sein.

Die "Entlohnung" für den wahl-sonntäglichen Einsatz ist nicht in der Nationalratswahlordnung geregelt. Prinzipiell stehen den Wahlbeisitzern laut Gebührenanspruchsgesetz 12,50 Euro zu – als Verpflegungsvergütung für Frühstück und Mittagessen. In manchen Gemeinden gibt es stattdessen eine Jause – und die größeren Städte zahlen sehr unterschiedlich: In Bregenz gibt es nur 21 Euro für Beisitzer und 30 für Wahlleiter, in Wien 45 Euro, in Klagenfurt 50. Innsbruck hat wegen der Rekrutierungsprobleme die Entschädigung zuletzt auf 70 Euro (wie in Graz) erhöht, Salzburg im Vorjahr sogar auf 80 Euro. (APA, 13.8.2017)