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Wladimir Putin kann sich in Fotos der Staatsmedien zurückgelehnt präsentieren. Für die Opposition läuft es nicht rund.

Foto: Reuters/Sputnik

Vier Jahre Haft für Andrej Kosych. Der 30-Jährige hatte gestanden, bei der vom Oppositionsführer Alexej Nawalny organisierten Protestkundgebung im März zwei Polizisten tätlich angegriffen zu haben. Einer der Beamten hatte dabei eine Gehirnerschütterung erlitten – Ironie des Schicksals: Der gleiche Polizist zählte auch schon 2012 zu den Opfern der Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten.

Kosych begründete sein Vergehen damit, er habe eine junge Frau "freikämpfen" wollen, die die Beamten gerade in Gewahrsam nahmen. Bei der Aktion im März waren über 1.000 Demonstranten festgenommen worden. Die meisten wehrten sich nicht und wurden dennoch mit mehrtägiger Ordnungshaft bestraft. Kosych ist der Einzige, der laut Augenzeugen gewalttätig wurde, ist aber inzwischen schon der Vierte, der eine reale Haftstrafe verbüßen soll. Zudem sitzen noch drei Demonstranten in Untersuchungshaft.

Schuldsprüche

In einem anderen Fall sprach ein Gericht am Donnerstag vier Männer des Extremismus schuldig, weil sie ein Referendum für ein Gesetz organisieren wollten, das Beamte stärker für ihr Handeln zur Verantwortung zieht. Die Behörden sahen darin einen Umsturzversuch.

Sieben Monate vor der Präsidentenwahl erhöht die Justiz damit den Druck auf die Opposition. Nawalny wurde zuletzt ebenfalls mehrfach festgenommen und wegen unerlaubter Agitation verurteilt. Der 41-Jährige will mit aller Macht eine Kandidatur erkämpfen, seine Chance ist allerdings minimal.

Streit im Oppositionslager

Zumal es auch unter den Oppositionellen keine Einigkeit über einen Kandidaten gibt: Der gerade freigelassene Oppositionsführer Sergej Udalzow will Nawalny nicht unterstützen und fordert von den Duma-Fraktionschefs Andrej Sjuganow (Kommunisten) und Sergej Mironow (Gerechtes Russland), einen Einheitskandidaten der Linken zu benennen.

Kaum vorstellbar, zumal Mironow als bekennender Putin-Fan schon einmal gegen den Präsidenten antrat, nur um für ihn Wahlwerbung zu machen.

Putin will es sich überlegen

So kann der Amtsinhaber der Wahl im März gelassen entgegensehen. Offiziell hat Putin seine Kandidatur immer noch nicht erklärt. "Ich werde es mir überlegen", versprach er auf jüngste "Bitten der Werktätigen" und stellte anschließend beim Angelausflug in Sibirien nicht nur den nackten Oberkörper und grandios gefangenen Hecht, sondern damit auch seine physische Form zur Schau. Die sorgfältig gewählten Bilder demonstrieren Stärke, nicht nur gegenüber dem Ausland, sondern auch den eigenen Bürgern.

Das In-Szene-Setzen vor der Wahl hat Tradition und kann als inoffizieller Wahlkampfauftakt gewertet werden. Die Zustimmungswerte Putins sind weiterhin hoch. Das kremlnahe Umfrageinstitut FOM sieht sein Rating bei 66 Prozent, wobei die meisten seiner Gegner gar nicht zur Wahl gehen würden. (André Ballin aus Moskau, 11.8.2017)