Die ohnehin schon fragmentierte Linke Spaniens ist um eine Partei reicher, seit Ex-Untersuchungsrichter Baltasar Garzón und Gaspar Llamazares, ehemaliger Chef der postkommunistischen Vereinigten Linken (Izquierda Unida, IU), ihre Fraktion Actúa ("Handle!") ins Parteienregister eintragen ließen. Die aus einer Bürgerplattform erwachsene Partei zählt neben ihren illustren Initiatoren auf gewichtige Unterstützer, etwa auf Ex-Unesco-Generaldirektor Federico Mayor Zaragoza, die Anwältin Cristina Almeida, die Ökonomin Lina Gálvez oder den Ex-Generalsekretär der kommunistischen Gewerkschaft CCOO, Antonio Gutiérrez.

Die IU verlor innerhalb der wahltaktischen Allianz Unidos Podemos (UP) fast eine Million Wähler, primär an Nichtwähler, lamentiert Llamazares. Diese gelte es zurück an die Urnen zu holen, da sie sich durch die gängigen Optionen, UP und PSOE (Sozialisten), nicht vertreten sehen würden, meint Garzón. Dass er sich wieder auf das Politparkett wagt, ist eine Überraschung. Garzón, der als medienaffiner Untersuchungsrichter am Madrider Nationalgerichtshof internationale Bekanntheit erlangte – etwa mit dem Verfahren gegen Chiles Ex-Diktator Augusto Pinochet -, ist hoch angesehen in der Linken Spaniens, ein glühender Verfechter der internationalen Strafgerichtsbarkeit sowie ein knallrotes Tuch für die politische Rechte.

Garzón bezeichnete sein Gastspiel als PSOE-Abgeordneter (1993/94) unter Felipe González, wo er als Staatssekretär im Innenministerium den "Nationalen Plan gegen Drogen" leitete, als "Fehler in meiner Laufbahn". Llamazares, bisher Sprecher der IU in Asturien, erklärte die Parteigründung im Hochsommerloch mit "namensrechtlichen Gründen": Man habe einem Unternehmen, das sich Actúa nennen wollte, zuvorkommen wollen. Die Partei kann nun bei Regional-, Gemeinderats- und EU-Wahlen antreten.

"Raum für Debatten"

Im Interview mit der Onlinezeitung eldiario.es erklärte Llamazares, alles "hänge von der Evolution der Linken generell ab". Dass "seine Loyalität zur IU mit dieser Legislaturperiode ende", stellte er ebenso klar. Actúa sieht sich als "Raum für dringende Debatten" innerhalb der Linken und fordert in einem Manifest einen "radikalen politischen Wandel": gegen die Austeritätspolitik, unter den Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit, der Menschenrechte, insbesondere der Flüchtlingspolitik, der Toleranz, des Klimaschutzes und der Korruptionsbekämpfung.

Es brauche einen Pakt, um den rechtskonservativen Partido Popular (PP) unter Premier Mariano Rajoy abzuwählen. Dafür strebe man einen breiten Linksparteienbund an, ähnlich des Frente Popular der Zweiten Spanischen Republik vor dem Bürgerkrieg 1936.

Dazu konnten sich PSOE-Chef Pedro Sánchez und UP-Chef Iglesias noch nicht zusammenraufen. Actúa könnte als Vermittler oder gar als Zünglein an der Waage für eine breite linke Koalitionsregierung dienen. Oder mehr. (Jan Marot aus Granada, 10.8.2017)