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Warb um das Ja der Aktionäre: RHI-Präsident W. Ruttenstorfer.

Foto: Ronald Zak/AP

Wien – Zu einer Abrechnung mit dem an Altpolitikern und ehemaligen Staatsmanagern nicht armen RHI-Aufsichtsrat geriet die Hauptversammlung des Feuerfestherstellers am Freitag im Wiener Austria Center. "Alles läuft hier nach dem neuen egoistischen Leitmotiv der SPÖ: 'Ich hol' mir, was mir zusteht'", donnerte Kleinanleger-Vertreter Wilhelm Rasinger mit Blick auf Exbundeskanzler Alfred Gusenbauer, Ex-OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer, Ex-ÖBB- und RHI-Chef Helmut Draxler sowie Ex-Länderbank-Vorstand Herbert Cordt, der als Vertrauensmann von RHI-Großaktionär Martin Schlaff im Board der vor der Fusion mit dem brasilianischen Konkurrenten Magnesita stehenden RHI sitzt. Nicht zu vergessen auf Exvizekanzler Hubert Gorbach (BZÖ).

"Sozialdemokraten schwenken sehr schnell um, wenn sie neoliberale Erfahrungen machen und Partikularinteressen folgen", lästerte auch der streitbare Aktionär Rupert-Heinrich Staller über die Zustimmung des "sehr stark sozialistisch geprägten Aufsichtsrats mit sehr starker Politikererfahrung".

Maximal kompliziertes Übernahmekonstrukt

Beide laufen, wie andere Kleinaktionäre auch, gegen die Konstruktion mit niederländischer Holding und Börsennotierung in London Sturm. Das Übernahmekonstrukt, das mit einer Kapitalerhöhung unter dem Dach der neuen fusionierten niederländischen Gesellschaft RHI-Mag N.V. samt Übersiedlung an die Börse London einhergeht, sei "maximal kompliziert und ausdrücklich streubesitzfeindlich", monierte Rasinger. Wie ein Unternehmen mit 700 Millionen Euro Schulden 400 Millionen Euro wert sein sollte, sei nicht nachvollziehbar.

Der Wert der Aktien werde stark verwässert, und das Risiko des Scheiterns sei erheblich. Vor allem aber rufe die Fusion böse Erinnerungen an das unsägliche US-Abenteuer hervor, mit dem sich RHI in den 1990er-Jahren lebensbedrohliche Asbest-Klagen einbrockte. "Gut verdienen werden an dem Deal jedenfalls die Berater", ätzte der Chef des Interessenverbands der Anleger, der die rund 380 versammelten Aktionäre warnte, dass sich RHI erneut übernehmen könnte. Große Chancen, den Lauf der Dinge aufzuhalten, gab es nicht. Die kontrollierenden Aktionäre hatten Zustimmung signalisiert, Aktionäre, die ihre Papiere nicht gegen neue RHI-Mag-Aktien tauschen wollen, brachten es am Freitag kaum auf fünf Prozent – obwohl nur 22,5 Mio. Aktien oder mehr als die Hälfte des stimmberechtigten Kapitals da war.

Die Kosten für Berater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und Investmentbanken sind tatsächlich beeindruckend: Sie werden für das Vorjahr mit zwölf Millionen Euro angegeben, für das erste Halbjahr 2017 mit 15 Millionen Euro und dürften sich bis zur Verschmelzung auf 30 verdoppeln.

Knifflige Detailfragen

Dass Finanzvorstand Barbara Potisk-Eibensteiner, die einzige Konstante in zwei Jahren wechselnder Manager, Ende August überraschend von Bord geht, lasse nichts Gutes ahnen. "Überhaupt ist die ganze Vorgangsweise für den Standort Österreich nachteilig", so Staller, der das Aktionärstreffen mit kniffligen Detailfragen zu Bewertungen, Risiken und Zinssätzen bis in den Abend verlängerte. Ruttenstorfer und RHI-Chef Stefan Borgas parierten die Kritik betont sachlich.

Ein Scheitern der HV – die Abstimmung ging mit mehr als 99 Prozent für den Magnesita-Deal aus – wäre teuer gekommen: RHI hätte 20 Millionen Euro Pönale zahlen müssen. (Luise Ungerboeck, 4.8.2017)