Berlin – Und wieder gab es Protest an prominenter Stelle. Am Donnerstag, einen Tag nach dem Dieselgipfel in der deutschen Hauptstadt, strahlten Umweltschützer von Greenpeace die Fassade des Kanzleramts in Berlin für einige Minuten mit einem Beamer an.

Neben einer Silhouette von Bundeskanzlerin Angela Merkel war dort "Aktenzeichen NOx ungelöst" zu lesen – in Anspielung an den Stickstoffausstoß, der ihrer Meinung nach beim Dieselgipfel nicht erfolgreich bekämpft wurde. Auch Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SP) ist nicht zufrieden: "Das Ergebnis ist mager, es wäre für Umwelt und Konsumenten mehr drinnen gewesen", sagt er.

Er kritisiert, dass unklar sei, welche Maßnahmen die deutschen Autobauer ergreifen wollen, um Schaden in anderen Ländern wie Österreich zu beheben. Demnächst will er die Konzerne nach Österreich bitten, um nach Lösungen zu suchen.

Beim Dieselgipfel hatten die deutschen Autohersteller zugesagt, insgesamt 5,3 Millionen mit neuer Abgassoftware auszustatten, um so den Ausstoß von Stickoxid um 25 bis 30 Prozent zu verringern. Zudem wollen Volkswagen, Daimler und BMW 250 Millionen Euro in einen Fonds einzahlen, mit dem den Kommunen bei der Modernisierung ihrer Verkehrssysteme geholfen wird. Der Bund steuert ebenfalls 250 Millionen Euro bei. Nicht vereinbart wurde der Einbau von neuer Hardware in Dieselautos.

Fahrverbote nicht vom Tisch

"Wir halten es im Grunde genommen für ausgeschlossen, Hardwarenachrüstungen vorzunehmen", sagte VW-Chef Matthias Müller nach dem Dieselgipfel und begründete dies so: "Einmal des Aufwandes wegen, aber auch, weil die Wirkung fragwürdig ist."

Diese Aussage kam nicht gut an. "Offensichtlich hat er den Schuss nicht gehört", sagt Grünen-Chef Cem Özdemir. Müllers Verweigerungshaltung "grenzt schon an eine Unverschämtheit".

Der deutsche Justizminister Heiko Maas und Umweltministerin Barbara Hendricks (beide SPD) betonen, dass Fahrverbote nach dem Gipfel nicht vom Tisch seien, man müsse sich zuerst die Auswirkungen des Updates anschauen. "Die gesetzlichen Vorgaben zur Luftreinhaltung gelten", betont Maas. Jürgen Rech, der Chef der deutschen Umwelthilfe (DUH), kündigte an, die Klagen in besonders belasteten Städten fortsetzen werde. Den Gipfel nannte er "reine Showveranstaltung" und erklärte: "Das ist weniger als nichts."

Kritik an VW-Chef Müller

Kritik gab es aber nicht nur an den Inhalten, sondern vor allem am Auftreten von VW-Chef Matthias Müller. Dieser hatte bei der Pressekonferenz nach dem Gipfel erklärt: "Wir akzeptieren berechtigte Kritik. Einer Wortwahl 'unternehmerisches Versagen' et cetera mag ich mich allerdings nicht anschließen."

Hendricks beklagte daraufhin, der Autobranche fehle es offenbar nach den jüngsten Verfehlungen immer noch an "Einsicht und Demut". Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) mahnt: "Die Automobilbranche muss von ihrem hohen Ross herunter und wieder mehr ihrer Verantwortung für die Gesellschaft und für ihre Kunden gerecht werden." (bau, 4.8.2017)