Der Streifen in der Bildmitte stellt einen lokalen Gewebeschadens auf der Hornhaut nach einem Reibungsversuch mit unbeschichteten Kontaktlinsen dar.

Foto: Benjamin Winkeljann / Technische Universität München

München – Mucine sind Moleküle, die Wasser binden und so einen natürlichen Schmierstoff bilden können. Nicht nur unsere Tränen enthalten solche Mucine, sie kommen auch in der schützenden Schleimschicht in Magen oder Darm vor. Patienten, die unter trockenen Augen leiden, mangelt es meist an diesem molekularen Schmierstoff in der Tränenflüssigkeit: dem Mucin MUC5AC.

Vor allem beim Tragen von Kontaktlinsen kann das Fehlen von MUC5AC zusätzlich problematisch sein: Ohne den schützenden Gleitfilm zwischen Auge und Linse wird das Gewebe der Hornhaut verletzt. Forscher der Technischen Hochschule München hatten deshalb die Idee das fehlende Mucin direkt auf die Linse aufzubringen.

Für die Versuche benötigten die Wissenschafter größere Mengen des Moleküls. Menschliche Tränen fielen damit als mögliche Quelle aus. Das Team entwickelte deshalb ein Verfahren weiter, mit dem sie das Mucin aus den Mägen von Schweinen isolierten. Dieses Schweinemucin ist in seiner Struktur dem menschlichen Molekül MUC5AC sehr ähnlich.

Mucin verhindert Gewebeschäden

Besonders wichtig war dabei, dass die Substanz ihre charakteristische Eigenschaft als Schmierstoff behält und sich chemisch durch das Reinigungsverfahren nicht verändert. "Die meisten bisher kommerziell erhältlichen Mucine, die momentan etwa zur Behandlung von Trockenheit im Mundraum eingesetzt werden, haben genau diese Fähigkeit verloren – das zeigte sich in mehreren Versuchen, wie die Forscher betonen. "Diese Mucine können deshalb auch nicht bei trockenen Augen helfen.", erklärt Studienleiter Oliver Lieleg.

In Experimenten an einem präparierten Schweineauge testeten sie dann, wie ihr speziell isoliertes Mucin auf Kontaktlinsen wirkt. Das Team um Oliver Lieleg konnte mikroskopisch nachweisen, dass keine Gewebeschäden mehr durch die Linsen auftraten, wenn sie mit Mucin beschichtet war. "Wir haben festgestellt, dass das Mucin von alleine an dem Linsenmaterial haftet und es deshalb gleitfähig hält", erklärt Benjamin Winkeljann, Erstautor der Studie.

Aus Sicht der Forscher würde es somit ausreichen, die Kontaktlinsen zum Beispiel über Nacht in einer Mucinlösung zu lagern. Die Beschichtung mit Mucin bietet den Wissenschaftern zufolge mehrere Vorteile: Medikamente, die bereits gegen trockene Augen auf dem Markt sind, nutzen primär Hyaluronsäure. Diese kommt aber im Gegensatz zu Mucin nicht in der menschlichen Tränenflüssigkeit vor. Während Hyaluronsäure als Tropfen in das Auge eingebracht wird und deshalb über den Tag verteilt mehrfach angewendet werden muss, haftet Mucin direkt an der Linse und schützt das Auge so dauerhaft. Nun wollen die Forscher klinische Studien vorantreiben, um die Mucinlösung beim Menschen einsetzen zu können. (red, 1.8.2017)