Acht Ausschankplätze sind Lebensmittelhändlern aktuell erlaubt. Dass die Stadt diese Nebenrechte nun nicht mehr genehmigt, regt auf.

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Wien – Vier kleine blaue Tische, vollgedeckt mit Schmankerln, lokalem Obst, Säften und selbstgemachten Kuchen zierten am Montag den Schmidplatz in Wien. Um die Tische waren acht Stühle aufgestellt. Mit dem Markt hinter dem Rathaus protestieren Standler von Wiens Märkten gegen die von Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) verhängte Gastronomie-Beschränkung. Sima hatte ein mit 1. Juli in Kraft getretenes "Merkblatt" herausgegeben, das als "Notbremse" dienen und die in der Gewerbeordnung erlaubten Nebenrechte der Standbesitzer einschränken soll. So werden für neue Lebensmittelstandln derzeit keine Verköstigungsplätze mehr genehmigt.

"Diese Nebenrechte tragen zum Grätzelleben bei. Die Leute gehen am Markt einkaufen und trinken dann einen Kaffee", sagt Jürgen Schweighofer-Furch im Gespräch mit dem STANDARD. Er betreibt am Vorgartenmarkt den Bioladen Palette, wo er lokale Produkte und selbstgerösteten Kaffee anbietet. 95 Prozent der Kunden seien Anrainer. "Die Märkte haben sich verändert, sie sind keine Nahversorger mehr. Standler, die nur verkaufen, können nicht überleben."

Verkostung sorgt für Einkommen

Immer mehr Menschen würden Lebensmittel beim Supermarkt bestellen und sie nach Hause liefern lassen. "Auf den Märkten haben wir unser Angebot spezialisiert", sagt Mark Ruiz Hellin, Betreiber der Konditorei Hüftgold am Meidlinger Markt: Die aktuell acht erlaubten Ausschankplätze pro Verkaufsstand würden das Einkommen sichern und Kunden anlocken. "Wer bei uns einen Kuchen isst, nimmt nachher auch meistens einen mit."

Eine gemeinsame Forderung zu der von Sima angekündigten Novelle der Marktordnung, die im Herbst präsentiert werden soll, haben die Standler nicht. "Wir haben in Wien 17 Märkte, und alle sind anders und haben andere Ansprüche", betont Ruiz Hellin. Dass Sima alle als "Fressmeilen" pauschalisiert, ärgert den Konditoreibetreiber: "Wenn man durch andere Großstädte geht, gibt es dort auch verschiedene Märkte. Dann ist der Naschmarkt halt wie der Londoner Borough Market. Eine Metropole braucht das einfach."

Laut Marktordnung darf aktuell ein Drittel der Stände als reine Gastronomie betrieben werden. 45 Prozent der Lebensmittelstände nutzen laut Sima die Nebenrechte, der reine Lebensmittelhandel auf den Märkten würde immer stärker zurückgedrängt.

Lockerung gewünscht

Am Volkertmarkt nahe dem Praterstern wurde daher ein Leitbild erarbeitet. "Dass ein Drittel profitiert und zwei Drittel für die Verzierung sorgen müssen, ist einfach ungerecht", sagt Georg Holzer, er betreibt im Zweiten das Kaffee Nelke. Dort will man die "Drittelregel" aufheben. "Alle sollten Gastronomie haben, aber auch Waren verkaufen müssen", sagt er.

Neos und Grüne unterstützen die Standler. Eine Lockerung kann sich der bei den Grünen für Märkte zuständige Gemeinderat Rüdiger Maresch vorstellen. "Es ist notwendig, dass wir uns bei jedem Markt einzeln überlegen, wie wir ihn beleben." Dass Nebenrechte und Ausschank auch nach der Reform möglich sind, ist für Maresch Bedingung an den roten Koalitionspartner. "Sonst wird es keine Zustimmung von uns geben." (Oona Kroisleitner, 31.7.2017)