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William Rutos Haus auf einem Archivbild.

Foto: Reuters/Mukoya

Nairobi – Kurz vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Kenia hat eine unbekannte Zahl Bewaffneter ein Anwesen von Vizepräsident William Ruto angegriffen. Nach knapp 20-stündiger Belagerung hätten Sondereinsatzkräfte die Lage wieder unter Kontrolle gebracht, teilte Polizeichef Joseph Boinnet am Sonntag mit.

Ein Angreifer und mindestens ein Polizist wurden demnach getötet. Die Hintergründe des Angriffs blieben zunächst weiter unklar. Ruto und seine Familie hielten sich zum Zeitpunkt des Angriffs nicht in dem Haus auf.

Verschiedene Versionen des Angriffs

Zum Ablauf des Angriffs gab es mehrere Versionen. Eine Reihe von Sicherheitskräften sagte, mehrere Bewaffnete hätten am Samstagmittag einen Wachmann angegriffen und sich dann in dem Haus verschanzt. Der Sicherheitskoordinator der Region, Wanyama Musiambo, berichtete der Presse, ein Angreifer habe sich vor der eintreffenden Polizeiverstärkung in der Waffenkammer der Wachen verschanzt, einen der Wachmänner als Geisel genommen und später getötet.

Der Mann habe immer wieder mit unterschiedlichen Waffen der Wachen geschossen und damit den Eindruck erweckt, es habe sich um mehrere Schützen gehandelt. Den Berichten der Sicherheitsvertreter zufolge konnten mehrere Angreifer flüchten. Laut Polizeichef Boinnet hatte dagegen nur ein mit einer Machete bewaffneter Mann den Angriff gestartet.

Die Motive hinter der Tat waren auch am Sonntag völlig offen. Die Zeitung "Daily Nation" warf die Frage auf, wie ein derart "kühner Angriff" auf eine der bestbewachten Residenzen des Landes möglich gewesen sei. Sie sprach von einer Reihe weiterer offener Fragen.

Vizepräsident Ruto, der sich am 8. August an der Seite von Staatschef Uhuru Kenyatta um eine Wiederwahl bewirbt, wohnt die meiste Zeit in der Hauptstadt Nairobi. Am Samstag hielt er sich zwar in seinem nahe der Stadt Eldoret gelegenen ländlichen Anwesen auf, hatte es aber kurz vor dem Angriff verlassen, um gemeinsam mit Kenyatta an Wahlkampfveranstaltungen teilzunehmen. Beide Politiker äußerten sich zunächst nicht zu dem Vorfall.

Umfragen deuten auf ein knappes Rennen zwischen Amtsinhaber Kenyatta und Oppositionschef Raila Odinga hin. Odinga beschuldigte den derzeitigen Präsidenten bereits, das Wahlergebnis fälschen zu wollen. Kenyatta warf seinem Gegner vor, eine Verschiebung des Termins anzustreben. Die Atmosphäre in dem ostafrikanischen Land ist derzeit angespannt.

Angriff in der Hochburg der Opposition

Das Haus von Vizepräsident Ruto liegt in der Region Rift Valley, die als Hochburg der Opposition gilt. Vor der Wahl 2007 hatte es dort schwere Unruhen gegeben. Landesweit wurden damals rund 1.100 Menschen durch politisch motivierte Gewalt zwischen den Ethnien getötet.

Sowohl Kenyatta wie auch Ruto mussten sich wegen der Gewalt vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verantworten, doch wurden beide Verfahren mangels Beweisen eingestellt – Chefanklägerin Fatou Bensouda beklagte damals, dass mehrere Zeugen nach massiven Einschüchterungen oder Bestechungen ihre Aussage zurückgenommen hätten.

In der Stadt Naivasha, einem der damaligen Unruheherde, gab es nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) auch im Vorfeld der diesjährigen Wahlen wieder Wählereinschüchterungen. Im Rift Valley kursieren demnach Flugblätter mit Hassbotschaften, die bereits dazu geführt haben sollen, dass erste Einwohner ihre Häuser verlassen haben. (APA, 30.7.2017)