Popfest Wien: Ankathie Koi spielt am Samstag auf dem Karlsplatz.


Foto: Heribert Corn

Wien – Die junge, aus Bayern stammende und in Wien lebende Sängerin Ankathie Koi produziert auch nach ihrem früheren Duoprojekt Fijuka quietschbunten Eighties-Pop mit Mut zu Schulterpolstern sowie waffenscheinpflichtigen und die Erderwärmung entschieden vorantreibenden Föhnfrisuren. Das heuer erschienene Soloalbum I Hate The Way You Chew klingt sowohl spektakulär erschreckend als auch hinterfotzig humorvoll. Es kommt ganz darauf an, ob man den Pop der 1980er-Jahre damals live erlebt hat oder sich heute mit Oberlippenflaum und Karottenblätterfrisur in zu engen Hochwasserhosen dafür frisch begeistert.

Eintritt für Konzerte Ankathie Kois muss man heuer als Wiener jedenfalls nicht zwingend zahlen. Sie spielte im Mai bei freiem Eintritt beim sogenannten Donaukanaltreiben auf der Salztorbühne. Im Juni trat sie auf der Eutopia-DJ/VJ-Bühne beim Donauinselfest auf. Kommenden Samstag wird sie beim Popfest Wien den Abend auf der Seebühne am Karlsplatz beschließen.

Erst kürzlich trat Ankathie Koi beim STANDARD Player auf.
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Wenn man sich nicht gerade über die Jahre ein treues Stammpublikum erspielt hat, das offensichtlich bereit ist, für die gefühlt 20 jährlichen Auftritte etwa des Liedermachers Der Nino aus Wien in Wien auch Kauftickets zu erwerben, hat man es dank dem Fluch und Segen der städtischen Gratiskultur als Nachwuchsmusiker seit Jahren so leicht und schwer wie nie.

Man schreibt an dieser Stelle – so wie etwa auch über die jährliche katastrophale Programmierung des städtisch finanzierten Jazzfest Wien – seit Jahren immer wieder dasselbe, helfen tut es nichts, gesagt muss es trotzdem werden: Einerseits versprechen die diversen Gratisfestivals mit wohlwollendem Hauptaugenmerk auf heimische Künstler und Bands den jungen Musikern natürlich in der Theorie eine über ein großes Publikum erzielte Aufmerksamkeit, die man bei skandalösen Eintrittspreisen zwischen freier Spende und zehn, zwölf Euro irgendwo in einem unverputzten Kellerlokal in Ottakring nicht erreichen würde.

Ökonomisches Gut Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit ist natürlich ein ökonomisches Gut, welches bei Gratisveranstaltungen wie dem im sechsstelligen Eurobereich gut durchsubventionierten Popfest, bei dem die Bands dem Vernehmen nach gar nicht einmal so gut für ihre Darbietungen bezahlt werden, eine schwer zu bewertende Angelegenheit ist. Das heillos überfüllte Gelände rund um die Seebühne auf dem Karlsplatz sowie das ständige Gedränge, Gequatsche, Geschwitze und Geschiebe in den diversen Veranstaltungsräumen wie dem Kuppel- oder Prechtlsaal der Technischen Universität laden nicht zwingend dazu ein, neue Bands kennenzulernen, für die man später einmal Bar- statt Steuergeld aufwenden will.

Angesichts der Tatsache, dass Musik für die meisten Ausübenden und auch die Konsumenten immer schon ein schönes Hobby gewesen ist, bei dem man heutzutage höchstens noch bei Konzerten Gewinne erzielen kann, weil kein Schwein mehr dazu bereit ist, Tonträger oder Downloads zu kaufen, muss man bezüglich einer strahlenden Zukunft nicht unbedingt eine Sonnenbrille tragen.

CUT SURFACE

Wie auch immer, das heuer zum achten Mal stattfindende Popfest, das vom "Verein zur Förderung und Verbreitung von innovativer, zeitgenössischer Popmusik" getragen wird, bietet 40 Acts an vier Tagen. Kuratiert wurde von Undergroundmusikerin Ana Threat und Ö3-Veteran Eberhard Forcher. Neben Stammgästen wie Ankathie Koi, Der Nino aus Wien oder Robert Rotifer gibt es etwa auch lustigen sexistischen Skihütten- und Titten-Rap des ehemaligen Trackshittaz und Songcontest-Teilnehmers Lukas Plöchl alias Wendja. Hip-Hopper T-ser reimt über sein Glied. Linkspolitisches und feministische Gesänge kommen von Gustav oder Klitclique. Eine garstige Rock-'n'-Roll-Nacht mit Bruch und dem Wahlwiener Tav Falco setzt es auch. Für Oldies-Fans interessant: Rucki Zucki Palmencombo und Graf Hadik. Tolle Elektronik kommt von Dino Spiluttini. (Christian Schachinger, 27.7.2017)