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Ein Fahrzeug der Mercedes-C-Klasse auf dem Prüfstand: Noch geht es um manipulierte Abgaswerte und mögliche Fahrverbote in Städten, bald könnte es ein generelles Verbot von Verbrennern geben.

Foto: dpa / Julian Stratenschulte

London/Berlin/Wien – Über Verbrennungsmotoren, jahrzehntelang Maß aller Dinge in Sachen mobile Fortbewegung, hängen schwarze Wolken. Dabei ist der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei VW und anderen Herstellern nur das sprichwörtliche Tüpfelchen auf dem i. Wegen schlechter Luftqualität drohen ausgedehnte Fahrverbote in zahlreichen Städten und mittel- bis langfristig das komplette Aus.

Die jüngste Ansage kommt aus Großbritannien. Umweltminister Michael Gove von den regierenden Konservativen hat am Mittwoch in der BBC bestätigt, dass ab 2040 keine Dieselfahrzeuge und Benziner mehr neu zum Verkehr zugelassen werden sollen. Sie verursachten Gesundheitsprobleme und schadeten dem Klima.

Auch Debatte in Deutschland

Erst vor knapp drei Wochen hatte Frankreich seine Pläne für ein Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2040 bekanntgegeben. Norwegen hat sich sogar vorgenommen, dass ab 2025 alle Neuwagen emissionsfrei fahren.

Angesichts der britischen Pläne, ab 2040 voll auf batteriebetriebene oder mit einer Brennstoffzelle ausgestattete Fahrzeuge zu setzen, forderten am Mittwoch auch Politiker in Deutschland klare zeitliche Vorgaben für die Abkehr von Benzin- und Dieselautos auf deutschen Straßen.

"Den Abschied von der Verbrennungstechnologie werden wir kurzfristig einleiten müssen", meldete sich etwa der Verkehrspolitiker der regierenden CDU, Oliver Wittke, zu Wort. Es gehe nicht an, dass Großbritannien hier den "Taktgeber" spiele, das europäische Automobilland Nummer eins aber hinterherhinke, sagte Wittke im Deutschlandfunk. Der Ausstieg soll nach Möglichkeit in Absprache mit den europäischen Partnern erfolgen, wobei der richtige Zeitpunkt noch zu klären sei. Ähnlich äußerte sich im ARD-Morgenmagazin Herbert Behrens, ein Verkehrspolitiker der Linken.

Wenig Bewegung in Österreich

Und in Österreich? Da setzen die scheidenden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP auf eine freiwillige Abkehr vom Diesel und Benziner.

"Unser Ziel ist, dass ab 2030 nur mehr abgasfreie Autos neu angemeldet werden. Jeder Autofahrer und jede Autofahrerin soll den Alltag auch mit E-Auto gut bewältigen können. Dafür wollen wir die Voraussetzungen schaffen, etwa mit flächendeckenden E-Ladestationen in ganz Österreich," sagte Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) dem STANDARD. "Ich halte nichts davon, bestimmte Technologien zu verbieten. Wir müssen schauen, dass wir mit den Schadstoffen runterkommen. Dafür gibt es mehrere Wege."

"Wir setzen auf Anreize statt Verbote", ergänzte Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) und verwies auf das vor wenigen Monaten zusammen mit dem Infrastrukturministerium geschnürte Paket zur Förderung der Elektromobilität. Bis Ende 2019 stehen dafür 72 Millionen Euro zur Verfügung. Die Zulassungszahlen in den Monaten seit Ausschüttung der Kaufprämie Anfang März zeigten, dass die Anreize wirken.

Klimaschutz

"Wir haben uns im Pariser Klimaabkommen verpflichtet, bis spätestens 2050 aus den fossilen Energien auszusteigen. Je früher wir das tun, umso besser", sagte der grüne Verkehrssprecher Georg Willi. Österreich solle sich an Deutschland orientieren, auch weil es eine enge Verflechtung zwischen hiesiger und dortiger Autoindustrie gibt. Statt auf Freiwilligkeit zu setzen, wie dies SPÖ und ÖVP tun, plädiert Willi für einen klaren Schnitt, also ein Verbot von Verbrennern bei Neuzulassungen ab 2030. Willi: "Wenn es einen klaren Zeitplan gibt, kann sich jeder darauf einstellen."

Warnend hat sich laut dpa das Ifo-Institut in München zu Wort gemeldet. Die Wirtschaftsforscher ermittelten rund 600.000 Arbeitsplätze allein in Deutschland, die nach heutigem Stand direkt oder indirekt von einem Aus für Benziner und Diesel betroffen wären.

In Österreich sind laut Fachverband der Fahrzeugindustrie rund 230.000 Arbeitsplätze mittel- oder unmittelbar auf den Dieselantrieb rückführbar. Gut 125.000 Personen arbeiten direkt bei Unternehmen der Automobilwirtschaft, die mit dem Dieselantrieb verknüpft sind. Umgekehrt soll es auch rund um das Elektroauto viele neue Jobs geben. (Günther Strobl, 26.7.2017)