In Skandinavien holte sich XXL die Marktführerschaft. Nun tritt die Kette in Österreich an.

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Wien – Drei Jahre gibt sich Patrick Verwilligen Zeit. Dann will er mit XXL an rund einem Dutzend großer Standorte in Österreich vertreten sein. "Der hiesige Markt ist wie geschaffen für uns. Entscheidend ist, keine Fehler zu machen." Verwilligen führt ein Team aus knapp 20 Mitarbeitern an, das der norwegischen Sportartikelkette den Weg nach Österreich ebnen will. Es ist der erste Schritt des skandinavischen Platzhirschs in ein Land außerhalb des eigenen Hoheitsgebiets. Anders als der britische Rivale Sports Direct ist XXL nicht bereit, dabei Lehrgeld zu zahlen.

Der Konzern schuf ein eigenes Headquarter in Wien. Aus 450 Bewerbern wurden in den vergangenen Monaten 120 Mitarbeiter ausgewählt, mit denen im Herbst die ersten beiden Flagshipstores eröffnet werden. 85 von ihnen fliegen im August zur Ausbildung für mehrere Wochen nach Norwegen. XXL habe mit höheren Gehältern gezielt gute Leute vom Mitbewerb abgeworben, erzählen Fachhändler.

XXL zieht in die Shopping City Süd in Vösendorf in eine Filiale ein, in der zuvor Sports Direct ohne Erfolg sein Glück versuchte. Im Wiener Donauzentrum übernehmen die Norweger einen ehemaligen Markt des Möbelhändlers Kika. Im Frühling folgt in der Plus City bei Linz der dritte Standort. Auch diesen betrieb Sports Direct vergeblich.

Konkurrenz in Sichtweite

Harte Preisduelle sind programmiert. Denn in Sichtweite aller Filialen versorgt Marktführer Intersport seine Kunden. Schon jetzt stehen jedem Einwohner in Österreich um 50 Prozent mehr Sporthandelsflächen zur Verfügung als in Deutschland.

Vermieter von Sports-Direct-Standorten bieten XXL laufend Shops an, erzählt Verwilligen dem STANDARD. Viele kämen aber nicht infrage, vor allem kleinere Städte stünden nicht auf der Prioritätenliste. "Wir sind wählerisch und haben lieber acht gute als 15 mittelmäßige Filialen."

Während Sports Direct den Rückwärtsgang einlegt, will XXL durchstarten.
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Geplant ist der Schritt in alle Landeshauptstädte. Bis zu sieben Märkte will XXL bis Ende 2018 in Österreich eröffnen. Parallel zu starkem Onlinehandel sieht Verwilligen Potenzial für langfristig 15 Standorte – auf jeweils bis zu 4500 Quadratmetern. Diese benötigen jedoch große Einzugsgebiete – geeignete Flächen sind hier rar gesät. Eybl suchte nach ihnen in Innsbruck etwa einst zehn Jahre.

Spendable Österreicher

Österreich habe neben Norwegen europaweit die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben für Sportartikel, begründet Verwilligen, gebürtiger Holländer, der in Tirol aufwuchs, die Expansion der Skandinavier in neue Gefilde. Auch die vier ausgeprägten Jahreszeiten kämen ihrem saisonalen Know-how entgegen. "Die Kirsche auf der Torte" jedoch sei die Lücke, die nach dem Ende von Sport Eybl und der nunmehrigen Schwäche von Sports Direct entstanden sei. "Die Mitbewerber haben darauf einfach zu langsam reagiert."

Anders als die Briten verzichtet XXL weitgehend auf eigene Marken. Mehr als 90 Prozent des Geschäfts basieren auf bekannten Industriemarken. Hersteller nennen die Kette preisaggressiv und vergleichen sie in Österreich gern mit Hervis, wobei die Spar-Tochter mit deutlich mehr Eigenmarken arbeitet. XXL selbst verwehrt sich entschieden gegen den Begriff des Diskonters. "Die Hierarchien sind flach, wir haben etwa keinen einzigen Sekretär", erläutert Verwilligen. XXL sei von Beginn an auf Kosteneffizienz getrimmt worden, im Einkauf wie in der Logistik. Was wiederum nicht jedem Produzenten zusagt. Marken wie Schöffel und Mammut sollen dem Konzern, wie der STANDARD aus Branchenkreisen erfuhr, in Österreich Absagen erteilt haben.

Eigener Einkauf

XXL notiert an der Börse in Oslo, betreibt 68 Stores und setzt in Summe rund 800 Millionen Euro um. Geschätzt ein Fünftel des Geschäfts wird im Internet erzielt. Herzstück sind zwei vollautomatische Lager in Norwegen und Schweden. Österreich wird zum einen von Schweden aus beliefert. Zum anderen baut der Händler in Österreich einen eigenen Einkauf auf. Auch das unterscheidet die Skandinavier von den Briten.

2019 will Verwilligen den Turnaround geschafft haben. Bis dahin werden in jeden Standort ein bis zwei Millionen Euro investiert.

Zweiter Neuankömmling in Österreich ist Decathlon. Die französische Sporthandelskette, die wie Sports Direct mit günstigen Eigenmarken groß wurde, plant den Markt dem Vernehmen nach von Ungarn aus aufzurollen. Der Startschuss hierzulande war für den Herbst geplant, soll sich nun aber auf 2018 verzögern. (Verena Kainrath, 26.7.2017)