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Anstrengende Verhandlungen: Fayez al-Serraj (links), Emmanuel Macron und General Chalifa Haftar (rechts) bei Paris.

Foto: Reuters

Paris – Dass sich der starke Mann Libyens und der Regierungschef an den gleichen Tisch setzen, ist an sich kein Novum: General Chalifa Haftar und der vom Westen gestützte Ministerpräsident Fayez al-Serraj hatten sich schon im Mai in Abu Dhabi getroffen. Das vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron initiierte Treffen in La Celle-Saint-Cloud bei Paris nährt aber doch neue Hoffnung, dass das strategisch wichtige Land am Mittelmeer langsam aus dem Chaos finden könnte.

Die beiden wichtigsten Parteien einigten sich in einer gemeinsamen "Erklärung" – das Wort "Vereinbarung" wurde vermieden – auf einen "Prozess der nationalen Wiederversöhnung". Den Beginn soll ein Waffenstillstand machen. Ausgenommen sind Militäreinsätze gegen Jihadisten, die sich seit dem Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi im erdölreichen Wüstenland ausbreiten. Haftar hatte erst kürzlich die Befreiung Stadt Bengasi von den Islammilizen bekanntgegeben. Der 74-jährige Warlord kontrolliert damit den Landesosten, während die Regierung von al-Serraj in der westlichen Hauptstadt Tripolis vor allem auf die internationale Unterstützung zählen kann.

Wahltermin fehlt noch

Die beiden Konfliktparteien verpflichten sich auch zur Abhaltung von Parlaments- und Präsidentenwahlen "so rasch wie möglich". Serraj nannte als möglichen Termin "Frühling 2018". Bei ihrer letzten Zusammenkunft war Haftar noch nicht dazu bereit gewesen. Nach Ansicht von Experten rechnet er langsam damit, die Wahlen im ganzen Land zu gewinnen. Mit Serraj will er sich auch weiter konzertieren. In der Erklärung versprechen sie, "die Kämpfer, die es wünschen, in die regulären Armeekräfte zu integrieren". Wie es Serraj anstellen will, dass sich Haftars Truppen unter sein Phantomkommando begeben, bleibt schleierhaft.

Die beiden Libyer vereinbarten ausdrücklich, dass sie die Flüchtlingsströme über libysches Gebiet kontrollieren und die Schleppernetzwerke bekämpfen wollen. Dieser Passus war zweifellos auf Drängen der französischen Gastgeber eingefügt worden. Die ganze Schlusserklärung des Treffens war von Pariser Diplomaten vorbereitet worden, wie die versehentliche Publikation eines Entwurfs noch vor Beginn des Treffens zeigte.

Macron sieht französischen Militärschlag als Fehler

Auch vor Ort könnten französische Spezialeinheiten nach Ansicht von Militärexperten mithelfen, die Lage zu befrieden. Deren Präsenz in Libyen war überhaupt erst vor einem Jahr durch einen Helikopterunfall bekanntgeworden. Macron hat den von seinem Vorvorgänger Nicolas Sarkozy lancierten Militärschlag gegen Gaddafi inzwischen als Fehler bezeichnet.

Angesichts der Terrorbedrohung und des Flüchtlingschaos setzt er sich neuerdings für eine politische Lösung ein. Bei einem Treffen mit US-Präsident Donald Trump holte er sich vor zwei Wochen auch die amerikanische Rückendeckung. Das neuste Libyen-Treffen stand offiziell unter der Schirmherrschaft der Uno, deren Libyen-Gesandter Ghassan Salamé in Paris zugegen war. (Stefan Brändle aus Paris, 25.7.2017)