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OnePlus-Gründer Pete Lau bei der Präsentation des OnePlus 5.

Foto: DANISH SIDDIQUI / REUTERS

Viel Smartphone für wenig Geld. Ein Hersteller der niemals Kompromisse eingeht: In den vergangenen Jahren ist es OnePlus gelungen, einen gehörigen Hype rund um die eigenen Produkte aufzubauen. Zuletzt hat dieses sorgsam gepflegte Image aber unübersehbare Brüche erhalten. Brüche, mit denen der Smartphone-Hersteller drauf und dran ist, seine treuesten Fans zu verärgern.

Aktueller Auslöser sind die mannigfaltigen Probleme, die seit der Veröffentlichung des OnePlus 5 für einen steten Strom an negativen Schlagzeilen sorgen. Von Benchmark-Tricksereien über seltsame Scrolling-Probleme über Audio-Schwierigkeiten und schlechter Kamerasoftware reicht die Palette an Beschwerden. Was die Community aber mehr verärgert als die Fehler an sich, ist die Art, wie der chinesische Hardwarehersteller mit all dem umgeht.

Kommunikationsdesaster

Da wäre etwa der sogenannte "Jelly-Effekt". Wie in Youtube-Videos zu sehen ist, zeigen sich beim OnePlus 5 beim schnellen Scrollen gewisse Verzerrungen. Auf den ersten Blick für viele gar nicht zu erkennen, zeigen sich andere davon schnell genervt. An sich aber keine sonderlich große Angelegenheit – bis sie OnePlus selbst dazu gemacht hat.

In einem offiziellen Statement des Unternehmens hieß es wörtlich, dass dieses Verhalten "natürlich" und somit "zu erwarten" sei. Dies sorgte zunächst für einige Verblüffung, immerhin zeigt sich dieser Effekt bei anderen Smartphones nicht. Nur wenige Tage später folgte dann von Dritten eine mögliche Auflösung. Stellt sich doch heraus, dass das Display des OnePlus 5 um 180 Grad gedreht verbaut ist, was diesen visuellen Effekt zur Folge haben könnte. Genaugenommen wäre die Stellungnahme von OnePlus damit auch nicht falsch, immerhin wäre der Effekt dann "zu erwarten" – halt für ein Gerät mit einem gedrehten Screen. Aufrichtig ist sie aber natürlich auch nicht – und genau dies verschärfte die Kritik an dem Unternehmen nur weiter.

"Optimierung"

Ähnlich seltsam verlief die Firmenkommunikation rund um die Benchmark-Tricksereien beim OnePlus 5: Wie XDA Developers nachweisen konnte, erhöht das Gerät bei bekannten Test-Apps gezielt die minimale Taktfrequenz der Prozessoren, wodurch das OnePlus 5 minimal bessere Benchmark-Werte erzielt als andere Smartphones mit dem selben Prozessor (Snapdragon 835). In der Vergangenheit sind auch schon andere Firmen – etwa Samsung – bei solchen Schummeleien erwischt worden, es ist aber OnePlus vorbehalten, die absurdeste Ausrede zu finden: Man nehme keine solchen Änderungen vor, da man gar nicht wisse, wie mobile Prozessoren übertaktet werden können, gab Firmenchef Pete Lau zu Protokoll.

Einen weiteren Tiefpunkt in der Firmenkommunikation erreichte OnePlus dann mit einem groß angekündigten Reddit-AMA ("Ask me anything"), in dem das Unternehmen praktisch keine der Fragen der Community ernsthaft beantwortete. Da geht schon fast unter, dass der OnePlus-5-Launch noch von einer Kamera-Kontroverse, Bugs bei der Tonaufzeichnung und einem fatalen Absturz bei der Wahl der Notrufnummer 911 gekennzeichnet waren – letzteres wurde zumindest schnell behoben.

Vorgeschichte

Ganz überraschend darf all das zweifelhafte Verhalten von OnePlus allerdings nicht kommen. Immerhin hat die Firma seine Hype-Maschine von Anfang an mit seltsamen Aktionen befeuert. In besonders negativer Erinnerung blieb dabei etwa eine Marketingidee für das erste Smartphone des Unternehmens, bei der die User das Gerät um 1 Dollar erhalten konnten, wenn sie filmten, wie sie ihr altes Gerät zerstören. Auch mit sexistischen Werbeaktionen sorgte das Unternehmen anfänglich für Aufsehen.

Oneplus <3 Oppo

Weniger gern spricht OnePlus hingegen über die Hintergründe des eigenen Unternehmens. Denn während man sich nach außen gerne als kleines, unabhängiges Startup präsentiert – ein Punkt der von der Firma gerne ausgegraben wird, um alle möglichen Probleme zu erklären – sprechen die Fakten eine ganz andere Sprache. Sind doch nicht nur sämtliche OnePlus-Gründer vom chinesischen Hardwarehersteller Oppo gekommen, die beiden Unternehmen sind auch noch im gleichen Gebäude angesiedelt – in anschließenden Stockwerken. Auch ein gewisser Technologietransfer zwischen Oppo und OnePlus-Geräten ist unübersehbar.

Vor einigen Jahren sind dann auch noch Dokumente durchgesickert, die nahelegen, dass OnePlus in Wirklichkeit eine vollständige Oppo-Tochter ist – und zwar unter dem Dach von BKK Electronics, dem auch noch Vivo gehört. Fragen zu diesen Themen beantworten beide Unternehmen aber konsequent mit Schweigen.

Zielrichtung

Der Verdacht liegt jedenfalls nahe, dass OnePlus von Anfang schlicht der Versuch Oppos war, eine neue Marke aufzubauen. Insofern darf auch nicht überraschen, dass die OnePlus-Modelle über die Jahre kontinuierlich teurer geworden sind. Hatte man zu Beginn noch mit für ein echtes Startup nie zu finanzierenden Kampfpreisen den Hype befeuert, ist es nun an der Zeit den solcherart generierten Markenwert auch zu Gold zu machen. Das ist an sich auch nichts Verwerfliches, die Unaufrichtigkeit mit der hier agiert wird, ist allerdings einigermaßen irritierend.

Abschied

All dies bedeutet übrigens nicht, dass man OnePlus-Geräte meiden sollte. Noch immer bieten sie ein durchaus ansprechendes Preis/Leistungsverhältnis – auch wenn man sich in dieser Hinsicht bei weitem nicht mehr so stark vom Markt abhebt wie in den Anfangszeiten. Viele einstige OnePlus-Verfechter dürfte das Unternehmen mit seinen Aktionen aber mittlerweile dauerhaft verärgert haben – und das durchaus zurecht. (Andreas Proschofsky, 12.8.2017)