Für 10.000 gehörlose Menschen ist die österreichische Gebärdensprache die Erst- bzw. Muttersprache.

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Innsbruck – Mit 100 Millionen Euro aus der Bankenabgabe sollen ab 2018/19 an den Fachhochschulen insgesamt 5.000 neue Studienplätze entstehen, vorwiegend in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (Mint). Andere Studienangebote haben das Nachsehen, so auch das Bachelorstudium Gebärdendolmetschen an der FH Gesundheit Tirol.

Der Bedarf an qualifizierten Dolmetschern sei hoch, heißt es vom Tiroler Landesverband der Gehörlosenvereine (TLVG). Seit 2005 ist die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) als eigenständige Minderheitensprache anerkannt und in der Verfassung verankert. Um an der hörenden Gesellschaft teilhaben zu können und eine barrierefreie Kommunikation zu gewährleisten, braucht es qualifizierte ÖGS-Dolmetscher.

Fehlende Dolmetscher

In Tirol beispielsweise leben derzeit rund 750 Gehörlose, ihnen stehen nur zehn geprüfte ÖGS-Dolmetscher gegenüber. Ein Mangel an ausgebildeten Dolmetschern herrscht aber in Gesamtösterreich. Für rund 10.000 Gehörlose gibt es derzeit nur 130 Dolmetscher. In Schweden stehen der gleichen Anzahl an gehörlosen Menschen rund 600 Dolmetscher zur Verfügung.

In Österreich gibt es zurzeit drei Möglichkeiten, den Beruf Gebärdensprachdolmetscher zu erlernen: die Seminarreihe "Achtung Fertig Los" des GebärdensprachdolmetscherInnen-Verbands, eine Fachausbildung Gebärdensprachdolmetschen in Linz und das Bachelorstudium Transkulturelle Kommunikation mit anschließendem Masterstudium Dolmetschen und Übersetzen an der Karl-Franzens-Universität Graz.

Fertiges Studienangebot

Der TLVG hat gemeinsam mit der FH Gesundheit Tirol ein Curriculum für ein Bachelorstudium zum Gebärdensprachdolmetscher entwickelt, der Akkreditierungsantrag für die AQ Austria liegt bereit, an der Finanzierung droht das Angebot jetzt zu scheitern.

"Gesundheitsberufe sind zwar Landessache, aber man darf den Bund nicht aus der Verantwortung nehmen", sagt Walter Draxl, Geschäftsführer der FH Gesundheit, und hofft, dass das letzte Wort hier noch nicht gesprochen wurde. Der Verband werde sein Anliegen nochmals beim Bund deponieren, und auch die Landesregierung werde sich damit erneut befassen müssen, ergänzt Draxl. "Es gibt einen Beschluss der Landtage von Südtirol, Westtirol und der Provinz Trient, der das Bachelorstudium befürwortet, die Umsetzung ist noch offen."

Insgesamt sollen 22 neue Studienplätze für die dreijährige Vollzeitausbildung entstehen. Jährlich 300.000 Euro würden für die Finanzierung reichen. Starten könnte der Bachelorstudiengang frühestens im Studienjahr 2019/20. (ost, 20.7.2017)