Das Tor-Projekt gilt als Eintrittskarte in das umstrittene Darknet.

ZDF und AVE / Janett Kartelmeyer

Wien – Autor Veit Etzold ist verstört. Für seinen Thriller Dark Web hat er im sogenannten Dark-net – einem nur mit einem speziellen Browser zugänglichen Platz im Internet – recherchiert. Dinge, die dort zu sehen sind, könnten einen seelisch kaputtmachen, sagt er. Auftragskiller, Drogenhändler, verstümmelte Frauen als Sexsklaven seien ihm dort begegnet. In der Dokumentation Mythos Darknet (Donnerstag, 20.15 Uhr, ZDF Info) setzt sich Filmemacher Andreas G. Wagner mit dieser vermeintlich dunklen Seite des Internets auseinander.

Der Tor-Browser ist die Eintrittskarte in dieses Darknet, eine spezielle Verschlüsselungstechnik verspricht Anonymität. Nicht nur für User, die sich vor Überwachung oder Werbetracking schützen wollen, sondern auch für Webseitenbetreiber. Diese Anonymität wird natürlich nicht nur von Menschen mit Wunsch nach mehr Privatsphäre, sondern auch von Kriminellen genutzt.

Sicherheit versus Freiheit

Wagner lässt in seiner Dokumentation Befürworter und Skeptiker dieser Technik zu Wort kommen, erklärt den militärischen Ursprung, Finanzierung, zeigt anhand des Darknets den Konflikt Sicherheit versus Freiheit auf. "Das Darknet hält der Gesellschaft einen Spiegel vor", sagt Schriftsteller Stefan Blankertz. Waffen, Drogen, Pornografie seien schon immer auf Schwarzmärkten gehandelt worden.

In Diktaturen ist Verschlüsselung oft der einzige Weg, um über Missstände berichten zu können. So sei in Ländern wie Bahrain die Nutzung von Tor extrem sinnvoll, ist Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen überzeugt.

Der Jahrestag des Münchner Amoklaufs ist Anlass für die Doku. Der 18-jährige Schüler, der am 22. Juli 2016 neun Menschen und sich selbst tötete, besorgte sich die Waffe im Darknet. Der Betreiber des Forums wurde verhaftet, das Forum geschlossen.

Tor-Unterstützer Moritz Bartl: "Es darf nicht sein, dass man von vornherein alles verhindert, nur weil es ein Missbrauchspotenzial gibt". (ae, 20.7.2017)