Peter Pilz wird seinen Entscheidungsprozess genüsslich zelebrieren: Tritt er nun an oder nicht? Wer ist noch mit dabei? Dank seiner Erfahrung nach 30 Jahren im Parlament und seines Gespürs für Geschichten weiß Pilz, wie man im Gespräch bleibt, sich und eigene Themen inszeniert. Je länger er sich Zeit lässt, desto größer wird der Schaden für die Grünen. Der ist jetzt schon massiv – egal, ob Pilz sich nun im Oktober zur Wahl stellt oder nicht.

Pilz führt jetzt einen persönlichen Rachefeldzug gegen die Grünen mit verbalen Seitenhieben wie dem Hinweis, dass diese eine "Altpartei" seien. Es ist schon verblüffend, wenn sich ein grünes Urgestein plötzlich als die Reinkarnation eines Polit-Start-ups darzustellen versucht. Kein Zufall ist, dass sich Pilz eines Begriffs bedient, den Jörg Haider ständig benutzt hat. Auch Pilz sucht die Nähe zum Boulevard, wie Fotos aus der Redaktion der Kronen Zeitung dokumentieren: Seit' an Seit' mit dem Kolumnisten Michael Jeannée und dem Hund eines Journalistenkollegen. Auch wenn Pilz in einem STANDARD-Interview jüngst versicherte, er habe sich "nie an den Boulevard angebiedert", zeigt das: Pilz kennt keine Berührungsängste, wenn es um seine Anliegen geht.

Dazu kommt ein Maß an Eitelkeit, das ihn mit dem Wiener Anwalt Alfred Noll verbindet, der vom Falter als Wegbereiter und Citoyen gefeiert wird. Das hat etwas von einem Heldenepos: Wie sich zwei Musketiere auf den Weg machen, das Establishment in Österreich aufzumischen.

Dass die Grünen derzeit so vorgeführt werden, haben sie sich aber selbst zuzuschreiben. Zum einen schwelte der Konflikt mit Peter Pilz schon länger. Als Parteichefin hat Eva Glawischnig diesen sogar noch befördert. Wie Klubchef Albert Steinhauser in seiner Videobotschaft am Freitag mitteilte, habe es "schon vor dem Bundeskongress Hinweise gegeben, dass Pilz über eine eigene Kandidatur nachdenkt". Umso mehr stellt sich dann die Frage, warum die Parteiführung den politischen Showdown um den Listenplatz zugelassen hat.

Die Demontage von Pilz war politisch dumm, denn die Grünen haben nicht so viele politische Kaliber. Dass auch noch weitere bekannte und fleißige Abgeordnete wie Gabriela Moser und Bruno Rossmann nicht auf aussichtsreichen Listenplätzen gewählt wurden, fällt in die gleiche Kategorie. Pilz hat seine Meriten als Skandalaufdecker. Es ist auch sein Verdienst, dass sich die Grünen ein Profil als Korruptionsbekämpfer erarbeitet haben. Und sie haben im Umgang mit Pilz jenen Fehler wiederholt, den sie schon mit der Demontage des als Europapolitiker jenseits von Österreich geschätzten Johannes Voggenhuber gemacht haben.

Dass es bei den Grünen interne Probleme gibt, hat der Präsidentschaftswahlkampf für ihren Ex-Parteichef Alexander Van der Bellen übertüncht. Es überrascht aber, mit welcher Vehemenz nun diese Konflikte ausbrechen. Für die Auseinandersetzungen in Kärnten hat Landesrat Rolf Holub sogar den martialischen Vergleich mit "Selbstmordattentaten" gewählt. Auch in der Tiroler Heimat der nunmehrigen Parteichefin Ingrid Felipe scheint einiges im Argen zu liegen, wie Aussagen der grünen Innsbrucker Vizebürgermeisterin Sonja Pitscheider zeigen. Viele junge potenzielle Wählerinnen und Wähler hat die Grünen-Führung durch ihren Umgang mit ihrer Parteijugend vergrault. Die Grünen betreiben derzeit eine Selbstzerfleischung, die existenzgefährdend ist. (Alexandra Föderl-Schmid, 14.7.2017)