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Wegen der schweren Cholera-Epidemie gehen dem Jemen die Medikamente aus.

Foto: AP / Mohammed

Sanaa/Aden – Die NGO Ärzte ohne Grenzen (MSF) bekämpft zur Zeit im Jemen die im März ausgebrochene Cholera-Epidemie, die bereits über 1.700 Todesopfer gefordert hat. Der APA schilderte die Schweizer Krankenschwester Antonia Zemp am Donnerstag ihre Arbeitsbedingungen in dem Land und kritisierte den Mangel an Interesse und Unterstützung seitens der internationalen Gemeinschaft.

Antonia Zemp war zwei Monate in der Krisenregion und wurde wegen des Ausbruchs der Cholera in das von der NGO geführte Spital in Abs im von den Huthi-Rebellen kontrollierten Nordwesten des Landes geschickt. "Im März hatten wir noch wenige Fälle, die konnten wir noch im Spital in zwei kleinen isolierten Räumen behandeln", erklärte sie. Ab Mitte Mai habe es jedoch so viele Patienten gegeben, dass eine Volksschule in der Nähe zu einem Behandlungszentrum für die Durchfallkrankheit umfunktioniert werden musste. "Mit bis zu 461 Patienten täglich" sei das Team konfrontiert gewesen.

Umkämpfte Häfen

Wegen der "katastrophalen allgemeinen Situation im Jemen", das bereits vor dem Krieg über kein starkes Gesundheitssystem verfügt habe, haben einige geplante Maßnahmen der NGO kaum funktioniert. Wegen des Krieges sind laut Zemp 50 Prozent der Gesundheitszentren im Land außer Betrieb: Viele Gebäude seien zerstört, es fehlten Medikamente und das Personal sei seit Oktober 2016 nicht mehr bezahlt worden. "Viele Brücken und Straßen sind vom Krieg zerstört, unsere Mobilität ist eingeschränkt, die Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser", sagte Zemp.

Der Mangel an sauberem Wasser ist eine der Hauptursachen für die rasche Ausbreitung der Cholera. Das Fehlen der Medikamente sei das größte Problem. "Die Spitäler brauchen alle dieselben Medikamente, sodass der Vorrat bald aufgebraucht war", erläuterte die Krankenschwester. Die NGO bekomme Hilfsgüter noch per Flugzeug, man bemühe sich aber um die Lieferung per Schiff. Der Hafen von Aden, der sich am besten eigne, sei jedoch noch umkämpft.

Die NGO setze auf Präventionsarbeit, da Cholera im Prinzip einfach zu vermeiden sei. "Wir haben literweise chlorhaltiges Wasser, um Hände und Fußsohlen zu reinigen." Den Patienten werde zudem eingeschärft, sich vor dem Essen und nach dem Toilettengang die Hände mit Seife zu waschen, erklärte Zemp. "Das Problem für einige Patienten ist, dass sie nicht einmal mehr die Mittel haben, sich Seife zu kaufen." Die Menschen würden durch die Cholera und den Krieg mit "extremen Bedingungen und extremen Entscheidungen" konfrontiert

Strickte Ausgangssperren

Die Kämpfe erschwerten zudem die Arbeit der Helfer. Es werde immer gefährlicher, je näher man zur Grenze mit Saudi-Arabien komme, berichtete Antonia Zemp. "Wir wurden zwar nie direkt bedroht, aber die Situation ist gefährlich. Wir haben immer wieder Flugzeuge und Bombeneinschläge gehört", berichtete die Krankenschwester. "Es gab strikte Ausgangssperren, wir waren nie zu Fuß unterwegs und haben uns nur zwischen Haus, Spital und Büro bewegt." Das von Ärzte ohne Grenzen geführte Krankenhaus sei aber wegen seines guten Rufes relativ sicher.

Im Jemen gibt es schätzungsweise drei Millionen Vertriebene. "Man hört wenig aus dem Jemen, da wir keine Flüchtlinge aus dem Land in Europa haben" erklärte Zemp. Die Menschen könnten wegen der durch den Krieg zerstörten Infrastruktur das Land nicht verlassen, eine Flucht sei "extrem schwierig". "Es braucht mehr internationale Hilfe und mehr Hilfe vor Ort", appellierte Zemp. Viele Organisationen hätten sich bereits mit dem Kriegsbeginn zurückgezogen. (APA, 14.7.2017)