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In Hongkong wurde gegen die Behandlung von Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo, der offenbar im Sterben liegt, demonstriert.

Foto: AP / Vincent Yu

Chinas Öffentlichkeit ist am Mittwoch in dramatischer Weise auf den unmittelbar bevorstehenden Tod des Bürgerrechtlers und Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo vorbereitet worden. In einem am Nachmittag veröffentlichten Bulletin teilte sein Krankenhaus mit, dass sich der Zustand des an Leberkrebs im Endstadium leidenden 61-Jährigen "ständig verschlechtert". Nieren und andere Organe versagten, sein Atem setze aus, es komme zu Schockzuständen.

Sauerstoffgaben hätten seine Atemnot nicht verbessern können. Die Familie habe aber einen von den Ärzten vorgeschlagenen Luftröhrenschnitt abgelehnt. "Der Zustand ist sehr kritisch. Das Krankenhaus versucht Liu mit allen Kräften zu retten. Die Familie ist über diese Lage informiert und hat das unterschrieben."

Experten für Ausreise, Peking dagegen

Die Universitätsklinik der nordostchinesischen Stadt Shenyang, die seit knapp einer Woche täglich eine Meldung über Lius Zustand stellt, veröffentlichte am Mittwoch erstmals zwei Bulletins, sowohl am Vor- als auch am Nachmittag. Liu war Ende 2009 nach einem rechtsbeugenden Justizverfahren zu elf Jahren Haft wegen seiner Freiheitsaufrufe und Manifeste im Internet verurteilt worden. Aus seinem Gefängnis war er Ende Juni zur Krebsbehandlung in das Krankenhaus transferiert worden. Dort stand er weiter unter Bewachung und konnte nur zu seiner Frau Liu Xia und seinen Brüdern Kontakt halten.

Vergangenen Samstag durften ihn auf internationalen Druck der Leiter der Heidelberger Universitätschirurgie, Markus Büchler, und der Krebsspezialist Joseph Herman vom Anderson-Krebszentrum der Universität Texas untersuchen. Beide befürworteten eine von Liu und seiner Familie gewünschte sofortige Ausreise zur Behandlung nach Deutschland oder in die USA. Peking lehnte das ab.

Protest gegen manipulierte Videos

Nach dem Besuch der beiden Ärzte spielten die Sicherheitsbehörden offenbar manipulierte Filmclips über ihre Visiten öffentlichen Websites und dem Propagandablatt "Global Times" zu. Die Mitschnitte zeigen, wie die beiden Ärzte angeblich der Meinung von Chinas Ärzteteams zustimmen, dass es keine bessere Behandlung für Liu als in China geben könne und seine Ausreise nicht mehr möglich sei. Die deutsche Botschaft in Peking protestierte über die gezielt öffentlich gemachten Filme. Es habe vor dem Besuch der Ärzte Absprachen gegeben, dass ihre medizinische Hilfe am Krankenbett nicht gefilmt und verbreitet wird.

Chinas Regierung hat für alle offiziellen chinesischen Zeitungen, Fernsehen und Rundfunk eine Nachrichtensperre über den Zustand des Dissidenten verhängt. Ausnahmen gab es neben den Bulletins des Krankenhauses nur für die englischsprachige Ausgabe der "Global Times". Sie durfte für das Ausland jeden Tag den Fall Liu kommentieren. Auch am Mittwoch veröffentlichte das Blatt eine Polemik unter der Überschrift "Chinas Gesetz und seine Ärzte entscheiden über die Behandlung von Liu". Der Leitartikel attackiert das Protestschreiben der deutschen Botschaft über die geleakten Filmaufnahmen, obwohl er eingesteht, dass die "Videos anscheinend bearbeitet wurden". Die Zeitung betont aber, dass Liu ein "verurteilter Krimineller" und Krebspatient sei. Das Ausland müsse die "endgültige Entscheidung" der Gefängnisverwaltung und der chinesischen Mediziner über ihn respektieren. Es habe sich in "Chinas innere Angelegenheiten" nicht einzumischen. (Johnny Erling aus Peking, 12.7.2017)