Bild nicht mehr verfügbar.

Den Putschversuch vor einem Jahr benutzte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan für eine gewaltige Säuberungswelle im Land, er baut das Land systematisch zu einem autoritär geführten Staat um, in dem Menschenrechte, Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit und die Rechte der Opposition nichts gelten.

Foto: Rechte: AP/ Emrah Gurel

Als Gast für bilaterale Gespräche mit österreichischen Politikern wäre der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekçi willkommen gewesen, als Gastredner bei einer Propagandaveranstaltung eines türkischen Erdoğan-Jubelvereins, bei der der Niederschlagung des versuchten Putsches vor einem Jahr "gedacht" werden soll, ist er es nicht. Das hat Außenminister Sebastian Kurz – in Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt, immerhin – richtig erkannt und entschieden: Gegen den türkischen Minister wurde ein Einreiseverbot verhängt.

Den Putschversuch vor einem Jahr benutzte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan für eine gewaltige Säuberungswelle im Land, er baut das Land systematisch zu einem autoritär geführten Staat um, in dem Menschenrechte, Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit und die Rechte der Opposition nichts gelten. Zehntausende Beamte wurden entlassen, weil sie angeblich mit der Gülen-Bewegung, die Erdoğan für den Putschversuch verantwortlich macht, sympathisieren oder sonst den Machtgelüsten des Präsidenten und AKP-Vorsitzenden im Wege stehen. Die Niederschlagung dieses Aufstands war offenbar ein willkommener Anlass dafür, die politischen Gegner systematisch aus dem Weg zu räumen. Oppositionspolitiker, Künstler und Journalisten, aber auch viele Beamte und Lehrer, die dem Regime Erdoğans kritisch gegenüberstehen, sitzen im Gefängnis. Mehr als 100.000 Menschen wurden aus dem Staatsdienst entlassen, mehr als 50.000 inhaftiert.

Veranstaltungen, in denen dieses Vorgehen gutgeheißen wird, lassen sich in Österreich wohl nicht verbieten, sehr wohl aber die Teilnahme von Regierungspolitikern aus der Türkei. Ein solches Einreiseverbot lässt sich aus einer moralisch-ethischen Sichtweise argumentieren und mit der vorhandenen Gesetzeslage offenbar auch juristisch rechtfertigen. Ob da jetzt beim Außenminister, der bereits seinen Wahlkampf eröffnet hat, auch eine Portion Populismus mitspielt, ist eine andere Diskussion, die man durchaus führen kann, inhaltlich hat er jedenfalls recht. Und immerhin trägt die Bundesregierung diese Position mit. Bei aller Empörung, die wieder einmal in der Türkei und bei den Erdoğan-Anhängern in Österreich laut wird, kann es nicht sein, dass innertürkische Konflikte nach Österreich getragen und Menschen gegeneinander aufgehetzt werden.

Der Vorwurf, dass sich Österreich undemokratisch verhalte, klingt gerade aus dem Mund jener, die die Säuberungswelle in der Türkei gutheißen und selbst in Österreich einen Spitzel- und Denunziantenring gegen Kritiker Erdoğans betreiben, wie Hohn.

Das Verhältnis zwischen Österreich und der Türkei ist schlecht – und könnte noch schlechter werden. Im Gegenzug zur österreichischen Forderung, die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei auf Eis zu legen, blockiert diese etwa ein Ausbildungsprogramm für österreichische Soldaten im Rahmen eines Nato-Programms oder unterbindet archäologische Ausgrabungen mit österreichischer Beteiligung in der Türkei. Das und wahrscheinlich einiges mehr wird Österreich aushalten müssen. Bei allen Bemühungen, mit der Türkei im Gespräch zu bleiben, können derartige Propagandaveranstaltungen mit Teilnahme von türkischen Regierungsmitgliedern in Österreich nicht hingenommen werden. Das gehört mit den Mitteln des Rechtsstaats unterbunden. (Michael Völker, 10.7.2017)