Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil hat schon in der Vergangenheit wiederholt betont, dass er mit den Eurofightern keine Freude hat.

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Wien – Mitten im Finale des U-Ausschusses rund um die Eurofighter lud Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) am Freitag in den Festsaal seines Ministeriums – um dort unmissverständlich zu verkünden, dass er die umstrittenen Abfangjäger ab sofort loswerden und stattdessen eine neue Flotte für die Luftraumüberwachung anschaffen will. "Der Eurofighter ist also Geschichte", sagte Doskozil, denn sein weiteres Betreiben sei dem Steuerzahler "nicht mehr zumutbar".

Doskozil: "Der Eurofighter ist also Geschichte."
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Deswegen werde er nun den Generalstab anweisen, ab sofort Vorbereitungen zum Umstieg zu treffen. Die derzeit fünfzehn Eurofighter der Tranche eins sollen schon ab dem Jahr 2020 schrittweise bis 2023 ersetzt werden.

Hintergrund der Entscheidung, die stark an den SPÖ-Wahlkampf von 2006 gemahnt: Parallel zur Betrugsanzeige seines Ressorts gegen den Hersteller Airbus, früher EADS, u. a. wegen Lieferunfähigkeit der Tranche zwei, hat Doskozil im Februar eine Sonderkommission unter dem Chef der Luftstreitkräfte Karl Gruber beauftragt, das Luftraumüberwachungskonzept auf seine Effizienz hin zu überprüfen. Nicht zuletzt auch deswegen, weil die veralteten Saab-105, die, seit 1970 im Dienst, bis heute auch zu Abfangjagden eingesetzt werden, 2020 ausgemustert werden müssen.

Soko bot zwei Varianten

Die Conclusio der Soko in Kurzform: Künftig soll es nur mehr eine statt zwei Jet-Flotten geben, damit die Luftraumüberwachung günstiger wird. Entweder man rüste also die Eurofighter der Tranche eins nach und beschaffe dazu drei gebrauchte Doppelsitzer desselben Typs – oder man stelle gleich auf ein neues System um. Worauf die Experten der Luftwaffe auch pochen: dass die künftigen Abfangjäger uneingeschränkt, ergo auch in der Nacht und bei schlechter Sicht, einsetzbar sind – was der Eurofighter derzeit bekanntlich nicht ist. Dazu sollen die gefragten Überschallflugzeuge für den Worst Case – etwa einen Terrorfall – über ein "zeitgemäßes Selbstschutzsystem und Allwetterlenkwaffen" verfügen.

Angesichts der beiden Varianten und dieser Auflagen hat sich Doskozil für die Anschaffung anderer Abfangjäger entschieden. Im Idealfall ergäbe das über dreißig Jahre hinweg Einsparungen bis zu 2,3 Milliarden, rechnete er vor. Allerdings verwies AI-Chief Gruber auch darauf, dass die Berechnungen mit Vorsicht zu genießen sind, da es sich nur um ein "Kostenannäherungsmodell" mit enormen Bandbreiten handelt.

Keine Wahlkampfaktion

Auch welcher Typ anvisiert wird, blieb unklar. Möglich wären etwa der schwedische Gripen oder die US-amerikanische F-16. Doch der Minister verriet nur so viel: Beim Beschaffungsprozess will er ein Regierungsgeschäft abschließen – womit auch ein Leasingmodell nicht ausgeschlossen ist. Möglich ist aber auch ein Kauf gebrauchter Flugzeuge. Der Vorteil eines "Government to Government"-Deals: Im Gegensatz zu einer klassischen Ausschreibung dauert der Prozess viel kürzer. Dass das Aus für die Eurofighter eine neue Regierung bald abstoppen könnte, wischte Doskozil mit Verweis auf den "nachhaltigen" Bericht der Experten vom Tisch – weil man darüber "nicht hinweggehen" könne. Dass seine Ankündigung als Wahlkampfschlager gedacht sei, stellte er ebenso in Abrede – und überhaupt gehe hier die Koalition "einen Weg".

Finanzminister Hans Jörg Schelling meldete im APA-Gespräch zwar keine grundsätzlichen Einwände an, doch er forderte, dass für "einen transparenten Prozess" alle zuständigen Kontrollorgane, also Finanzprokuratur, Rechnungshof sowie das Parlament, einzubinden sind.

FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch hat Verständnis für die Vorgangsweise von Doskozil. "Ein roter Verteidigungsminister muss nun ausbaden, was ihm ein anderer (gemeint ist Vorgänger Norbert Darabos, Anm.) eingebrockt hat", sagt er zum STANDARD. Die Berechnungen von Brigadier Gruber sowie das Anforderungsprofil für die Luftraumüberwachung sind für Bösch nachvollziehbar, auch die Entscheidung für eine Einflottenlösung. Doch entscheidend sei, wie der Beschaffungsvorgang über die Bühne gehe und zu welchen Konditionen man die Eurofighter loswerde. Das könne man heute noch nicht sagen. Bösch geht davon aus, dass die Neubeschaffung bei Koalitionsverhandlungen im Herbst Thema sein wird. Die FPÖ sei bei dem Thema "gesprächsbereit".

Fiedler warnt vor Verlusten bei Verkauf

Franz Fiedler, früher Rechnungshofpräsident, warnt allerdings vor voreiliger Freude. Beschaffungsprozesse seien "langwierig, es wird sicher wieder die üblichen Dissonanzen geben. Angefangen von Korruptionsverdächtigungen, undurchsichtigen Zahlungen und unterschiedlichen politischen Meinungen."

Entscheidend sei aber, ob es zu einer Rückabwicklung des Eurofighter-Kaufes komme – diese Causa ist bei der Justiz anhängig – oder ob die 15 Eurofighter verkauft werden sollen. In diesem Fall müsse die Republik mit erheblichen Abschlägen rechnen. Zudem sei am Anfang immer mit Umrüstungsausgaben im Bereich der Infrastruktur zu rechnen. Die von den neuen Jets erhofften niedrigeren Betriebskosten würden sich erst langfristig rechnen.

Fiedlers Resümee: "Am Anfang muss man sicher Geld in die Hand nehmen." Ob das Ganze am Ende des Tages "günstiger, ein Nullsummenspiel oder vielleicht sogar teurer wird, steht in den Sternen". (Günther Oswald, Nina Weißensteiner, 7.7.2017)