Wien – In New York City müssen sich Musiker, die U-Bahnstationen beschallen wollen, zuerst bei einem Casting in der Grand Central Station beweisen. Auch in London gibt es ein Bewerbungsverfahren für die Gesangs- und Spielerlaubnis im Untergrund. Das britische Modell gefällt der für öffentliche Verkehrsmittel zuständigen Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) so gut, dass sie es ansatzweise für Wien adaptierte. Am Donnerstag startete das von Sima initiierte Projekt unter dem Titel "U-Bahn-Stars".

14 gecastete Bands spielen dabei vorerst einen Monat lang alternierend in der U-Bahn-Station Westbahnhof. Das soll den Wohlfühlfaktor für Fahrgäste erhöhen. Sollten diese das auch so sehen, wird die Live-Musik-Initiative auf andere Haltestellen ausgeweitet.

Ulli Sima gab am Donnerstag den Startschuss für die Aktion "U-Bahn-Stars". Inspiriert wurde sie von London.
Foto: Ayham Youssef

Je eineinhalb Stunden

Die Auftrittslots dauern jeweils eineinhalb Stunden, musiziert wird ab dem Nachmittag – konkret zwischen 15.00 bis 23.00 Uhr. Eine Ausnahme machte man für die Medienpräsentation am Donnerstag, weshalb einige Passanten schon am Vormittag Darbietungen von Gewinnern des Online-Votings beziehungsweise des Fachjury-Castings zu sehen und zu hören bekamen.

Zwischen U3- und U6-Bahnsteigen

Die Musiker nahmen Aufstellung im Zwischengebäude der Station, wo sich die Fahrgastströme zwischen den Auf- und Abgängen der Linien U3 und U6 kreuzen, vor Alfred Frohners Wandarbeit "Ca. 55 Schritte durch Europa".

Zahlreiche Passanten versammelten sich Donnerstagvormittag in dem Zwischengebäude der Station Westbahnhof, hier zum Gesang von Nana.
Foto: Ayham Youssef

Die ersten Kostproben versprechen unterschiedliche Stile und Lautstärke. Während etwa das Trio Tenori Amici aus voller Kehle Operettiges in die Stationsräumlichkeiten schmetterte, gingen es Rocky Leon & Knostel, die Ukulele-Klänge und Rap verbinden, mit ihren Akustik-Pop-Covers etwas ruhiger und trommelfellschonender an.

Rocky Leon & Knostel verbinden Ukulele-Klänge und Rap – und das trommelfellschonend.
Foto: Ayham Youssef

Was das erlaubte Dezibellimit anbelangt, seien kleine Verstärker erlaubt, heißt es von den Wiener Linien. Stationsdurchsagen müssten aber jedenfalls hörbar bleiben.

Skepsis bei Wiener Linien

Sima kupferte die Idee, U-Bahn-Stationen durch Straßenmusik zu beleben, von London ab. "Ich mag das dort so gern", meinte sie heute. Darum wünschte sich die Stadträtin etwas ähnliches auch für die Bundeshauptstadt – ein Vorstoß, den die Wiener Linien anfangs nicht allzu euphorisch entgegengenommen haben, wie die Ressortchefin nun eingestand.

Dazu erklärte Wiener-Linien-Geschäftsführerin Alexandra Reinagel: "Unser Kerngeschäft ist natürlich der Betrieb." Und da gebe es jede Menge Vorschriften, Passagierströme dürften ebenfalls nicht behindert werden. Kosten entstünden durch das Projekt – bis auf einen "kaum nennenswerten Verwaltungsaufwand" – für das Unternehmen aber keine.

Die Musiker erhalten kein zusätzliches Geld zu jenem, das ihnen Passanten geben – das sorgte für Kritik.
Foto: Ayham Youssef

Kritik: Kein fixer Lohn

Für die Stadt im Übrigen auch nicht: Denn eine fixe Entlohnung bekommen die aus 200 Bewerbern ausgewählten Bands nicht. Sie dürfen um Hutgeld spielen – was im Vorfeld vereinzelt für Kritik gesorgt hatte. Sima verteidigte das Reglement beim Startschuss noch einmal. Straßenmusiker bekämen schließlich auch kein Gehalt. Außerdem sei die Vorgangsweise gemeinsam mit Straßenmusikern und dem Buskers Festival für Straßenmusik erarbeitet worden, hieß es.

Kommen die Live-Auftritte am Westbahnhof gut an, sollen diese und andere "U-Bahn-Stars" künftig auch in weiteren Stationen aufspielen dürfen. Angedacht sind etwa größere Knotenpunkte wie der Praterstern, der Karlsplatz oder der Handelskai. (APA/spri, 6.7.2017)