Felix begann sich mit elf Jahren für Wirtschaft zu interessieren, nun studiert er mit 15 Jahren bereits an der Wirtschaftsuni Wien.

hendrich

Felix Lehner studiert im ersten Semester Betriebswirtschaftslehre (BWL) an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) und steht auf den "Investmentpunk" und Youtube-Lektor Gerald Hörhan. Neben dem Studium belegt Felix bei Hörhan Onlinekurse. Auch auf der Plattform "Aktien mit Kopf" nimmt er virtuellen Unterricht. Hier lernt man, wie es an der Börse zugeht. Doch außer dem Studium und den Onlinekursen hat Felix noch eine weitere Aufgabe: Er geht zur Schule, denn er ist 15 Jahre alt.

Felix ist einer von hunderten Schülern in Österreich, die am Programm "Schüler/innen an die Hochschulen" vom österreichischen Zentrum für Begabtenförderung und Begabtenforschung (ÖZBF) teilnehmen. Pro Semester inskribieren zwischen 60 und 80 Schüler an insgesamt 21 Universitäten und Fachhochschulen. Der Anteil an Mädchen und Buben hält sich die Waage. Dabei können die jungen Studenten aus einer breitgefächerten Palette an Hochschulen wählen: von der auf Musik spezialisierten Anton-Bruckner-Privatuniversität Linz bis zur New Design University St. Pölten ist die Auswahl groß.

"Hobby" Hochschule

Doch was bewegt einen Schüler dazu, sich neben der Schule noch das "Hobby" Hochschule zuzulegen? Bei Felix und den meisten anderen Schülern ist es schlichtweg Unterforderung, wie aus einem Evaluationsbericht über das Programm hervorgeht. 60 Prozent geben an, es sei Langeweile im Unterricht, die sie zu dieser Entscheidung bewog, 75 Prozent suchen eine neue Herausforderung.

Mit elf Jahren bemerkte der junge Student bereits, dass er sich für Wirtschaft interessiert. Viele im Bekanntenkreis der Familie hätten BWL studiert, auch der eigene Onkel. Die Gespräche der Erwachsenen hätten seine Begeisterung für das Fach geweckt, erzählt Felix. Am Bertha-von-Suttner-Gymnasium, dem Schulschiff an der Donauinsel, konnte sein Wissensdurst einfach nicht mehr gestillt werden. Der Unterricht im angebotenen Fach Geografie und Wirtschaftskunde reichte von Anfang an nicht aus.

Oft bauen die Eltern die Barriere zur Hochschule ab. 40 Prozent aller Schüler, die am Programm teilnehmen, haben Eltern, die Akademiker sind. Bei Felix ist es der Vater, der Geografie studiert hat.

"Ganz oder gar nicht"

Durch einen Zufall eröffnete sich die Möglichkeit, dem Interesse des Schülers mit einem Notendurchschnitt von 1,2 gerecht zu werden: Ein Zeitungsartikel informierte ihn über das Programm. Er überlegte zwei Wochen, bis sein Entschluss feststand, denn eines ist klar: "Wenn ich von etwas überzeugt bin, dann mach ich es ganz oder gar nicht", sagt Felix. Auch die Youtube-Kanäle von Hörhan und Aktien mit Kopf hätten ihn zu dem Schritt ermutigt. Sie würden die Botschaft vermitteln: "Wenn es dich interessiert, dann fang früh an." Sein Umfeld habe auf seine Entscheidung "eigentlich ganz natürlich" reagiert, da gab es keine "besondere Euphorie oder Neid".

Ein Motivationsschreiben sowie die Einverständniserklärung von Eltern und Schulleitung sind alles, was man für eine Teilnahme braucht. Im Motivationsschreiben geht es darum, sich Gedanken über Lehrveranstaltungen zu machen, die man besuchen möchte. Dadurch soll die Zahl der Abbrecher reduziert werden, denn oft haben die Schüler eine komplett andere Vorstellung von den Inhalten des Studiums. Im Anschluss stellt dann das Begabtenförderungsinstitut den Kontakt zur Uni her, die restliche Organisationsarbeit wie Inskribieren oder das Anmelden zu Lehrveranstaltungen bleibt dann den Schülern selbst überlassen. Wenn Hilfe benötigt wird, kann man ein Mentoringprogramm in Anspruch nehmen. Doch für Felix war das nicht notwendig, er probierte es auf eigene Faust. "Eine Woche hat es aber schon gedauert", sagt er.

Aufregender erster Tag

Der erste, von Nervosität begleitete Tag an der WU sei für Felix überraschend gewesen: "Die Interaktion mit den Studenten auf der Uni ist komplett anders", denn in der Schule werde aktives Einbringen in den Unterricht verlangt, "in der Uni ist das deine Verantwortung. Für mich ist das besser", erzählt der Jungstudent. Auch die freie Einteilung, was man wann lernen soll, sagt ihm mehr zu, denn "in der Schule werden Dinge gefordert, die viel Zeit kosten und mir wenig beim Lernen bringen".

Den zusätzlichen Lernaufwand durch die Uni beziffert Felix mit zwei Stunden pro Tag. Von den Inhalten der Lehrveranstaltungen ist er begeistert: "Alle Fragen, die ich mir stelle und die schwierig im Internet zu recherchieren sind, werden jetzt einfach beantwortet. Somit entsteht eine Art Fundament", sagt er.

Keine Angst

Trotz allem würde sich Felix nicht als hochbegabt bezeichnen, er habe einfach in diesem Bereich ein stark ausgeprägtes Interesse. Nach dem Studium würde er gerne selbstständiger Immobilienentwickler werden, "aber das wird man sehen", sagt Felix.

Anfang Juli steht dann die erste Prüfung an. Ob er Angst habe, dass er durchfällt? "Keineswegs!" Und: "Sonst gibt es ja mehrere Prüfungswochen." (Alexandra Unsinn, 5.7.2017)