Irene Giner-Reichl hat alle Regionen Chinas besucht.

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Peking und Wien bereiten eine bilaterale Premiere vor. Chinas Staatschef Xi Jinping will dem österreichischen Präsidenten Alexander Van der Bellen erstmals telefonisch zum neuen Amt gratulieren. Dabei geht es weniger darum, was sie sich zu sagen haben, sondern darum, wie sie es tun, verriet China Daily. Denn der noch für Juli geplante Videoanruf ist der erste internationale Test, bei dem die abhör- und hackersichere Quantentechnologie eingesetzt wird.

China hat sie anwendungsreif entwickelt. Das zugrunde liegende Prinzip nannte einst Albert Einstein "spukhafte Fernwirkung". Nun sorgt ein chinesischer Kommunikationssatellit dafür, dass sich Peking und Wien ganz real näherkommen. Topwissenschafter Pan Jianwei leitet das Qess genannte Programm. An dem Zukunftsprojekt sind auch die Universität Wien und Quantenphysiker Anton Zeilinger beteiligt. Pan hat bei ihm promoviert.

Reiseland Österreich

Österreich punktet in China als Land der Musik und mit seiner touristischen Anziehungskraft. Die Anzahl der Visavergaben an reiselustige Chinesen ist so angestiegen, dass die Einnahmen aus den Gebühren die laufenden Kosten der Pekinger Botschaft ausgleichen. Nun macht Wien eben auch als technologischer Kooperationspartner Chinas von sich reden. Im entfernten Brasilien wird das Österreichs neue Botschafterin Irene Giner-Reichl freuen. Sie tritt dort gerade ihr Amt nach fünfeinhalb Jahren in Peking an, in denen sie diese Entwicklungen begleitet hat. Neuer Botschafter in China wird Österreichs bisheriger Iran-Botschafter Friedrich Stift.

Zum Abschluss ihrer Mission hat die Botschafterin Tibet bereist, den letzten "weißen Fleck" auf ihrer persönlichen China-Landkarte. Sie sei zuvor bis auf Lhasa überall in China gewesen, um sich dort selbst zu informieren und zugleich Österreichs diplomatische Präsenz auszubauen: Noch vor Jahresende wird Wien nach Schanghai und Kanton ein weiteres österreichisches Generalkonsulat in Chengdu eröffnen.

Stelle für Agrar- und Umwelttechnik

Sichuans Neun-Millionen-Einwohner-Metropole liegt tief im Landes inneren, wo Peking für seine Westentwicklung und neue Seidenstraßen-Offensiven massiv in den Infrastrukturausbau und in regenerative Energiegewinnung investiert. Giner-Reichl hat ihr Botschaftsteam um eine neue Stelle erweitert, die für die Förderung von der Agrar- und Umwelttechnik bis zur Wasserwirtschaft zuständig ist. Viele österreichische Unternehmen sind gerade in diesen Bereichen mit China gut im Geschäft.

Seit 1990 ist nachhaltige Entwicklungs- und Wirtschaftszusammenarbeit eine ihrer Schwerpunkte, sagte Giner-Reichl dem STANDARD – und wird es auch in Brasilien bleiben. Sie sei in China immer wieder vom Tempo unerwarteter Veränderungen verblüfft worden. 2012 wäre es ihr etwa nicht im Traum eingefallen, dass Peking 2017 eine Vorreiterrolle bei der globalen Bekämpfung des Klimawandels einnehmen würde. Der Ausstieg Donald Trumps war nur ein zusätzlicher Auslöser dafür: "Der wirkliche Druck kam von innen. Wenn Staatschef Xi ein gutes Zeugnis für seine Regierung erhalten will, muss er die Probleme von Wasser, Böden und Luftverschmutzung lösen." Sie habe miterlebt, was Smog bedeutet. "Manchmal muss man in Peking schnaufen."

Unfairer Wettbewerb

Obwohl Österreichs Firmen als gefragte Nischenanbieter sich positiver über Chinas Geschäftsklima äußern als andere europäische Unternehmen, hält die Botschafterin die Kritik der EU-Wirtschaftskammern an Marktzugangshürden und unfairem Wettbewerb für Auslandsinvestoren für berechtigt. China büße an Attraktivität für Neuinvestoren ein.

Schwieriger verlaufe auch Wiens Dialog mit Peking im Menschenrechtsbereich oder über Chinas Expansion nach außen, etwa im Südchinesischen Meer. "Als ich in China eintraf, gab es diese Probleme schon. Aber Peking hielt sich zurück." Heute trumpfe es mit seiner Stärke nach außen auf – und fühle sich von dem von den USA geschaffenen neuen Machtvakuum dazu er mutigt. (Johnny Erling aus Peking, 3.7.2017)