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Kleinen Händlern, die sich im Internet durch das Vorgehen von Google geschädigt fühlen, will Cobin Claims zu Schadenersatz verhelfen.

Foto: Reuters/Dado Ruvic

Wien – Ungeachtet des Absprungs des Mitbegründers Peter Kolba, zuvor Chefjurist des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), bringt die im März neugegründete Prozessplattform Cobin Claims ihr erstes Projekt ins Rollen. Konkret geht es um eine Klage gegen Google, nachdem über den Internetriesen zu Wochenbeginn von der EU-Kommission wegen des Missbrauchs seiner Marktmacht eine nicht rechtskräftige Strafe von 2,42 Milliarden Euro verhängt worden ist. Angestrebt wird eine Sammelklage auf Schadenersatz, sagt Oliver Jaindl, Vereinsvorstand von Cobin Claims.

Als Geschädigte nennt er kleine und mittlere Händler, die im Internet durch das Verhalten von Google benachteiligt worden sein sollen und unter denen Cobin Claims im Lauf des Sommers Interessenten an einer Aktion gegen Google sammeln will. Potenziell Geschädigte gibt es laut Jaindl sehr viele, darauf deute auch die hohe Strafe gegen den Internetkonzern hin, die sich auch an der Schadenshöhe orientiere. "Kleine Schäden klagt kein Mensch ein, aber die schädigende Firma behält die Gewinne", erläutert Jaindl den Vorteil einer Sammelklage. "Bei Massenfällen kommen aber schnell hohe Summen zusammen." Die absolute Untergrenze für ein juristisches Vorgehen in diesem Fall beziffert er mit 100.000 Euro an vertretenem Schaden, besser sei jedoch eine halbe Million Euro.

Algorithmen außer Kraft

Konkret werfen die EU-Wettbewerbshüter Google vor, die Ergebnisse für seinen Preisvergleichsdienst bei entsprechenden Suchbegriffen ganz oder sehr weit oben in den Suchergebnissen anzuzeigen. "Google hat dabei die eigenen Algorithmen für die Reihung außer Kraft gesetzt", erklärt Cobin-Claims-Anwalt Benedikt Wallner. Laut dem Strafbeschluss seien zwar auch die Verbraucher geschädigt worden, um diese "Streuschäden" will sich Cobin Claims aber erst in einem weiteren Schritt kümmern.

Händler, die sich durch Google geschädigt fühlen, können sich kostenlos und unverbindlich bei der Prozessplattform melden. Anschließend würden ihnen verschiedene Handlungsalternativen vorgeschlagen, laut Wallner gibt es eine breite Palette an Vorgehensweisen. Erst in weiterer Folge wird für Geschädigte ein "einmaliger Organisationsbeitrag in geringer Höhe" fällig, damit der nicht gewinnorientierte Verein seine Aufwendungen decken könne. Anschließend plant Cobin Claims, Offerte von europäischen Prozessfinanzierern einzuholen, um über den günstigsten Anbieter die Kosten des Vorgehens abzudecken. Risiken für Geschädigte sieht Wallner bei diesem Vorgehen keine, denn: "Auch wenn der Prozess verlorengeht, ist nicht viel passiert."

Keine rasche Erledigung

Hoffnungen auf eine rasche Erledigung der Causa zerstreut Wallner allerdings. Allein dass die Strafe rechtskräftig wird, könne noch bis 2022 dauern. Alternativ könne es auch zu einem Vergleich der Kommission mit Google kommen, der mit einem Schuldeingeständnis verbunden sei. "Das brauchen wird als Anknüpfungspunkt", betont Wallner, "sonst müssen wir selbst wettbewerbsrechtliche Verstöße beweisen."

Die Prozessplattform Cobin Claims will eine Lücke im Rechtsschutz schließen, da Leute ohne entsprechende Rechtsschutzversicherung geringe Schäden aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht verfolgen würden. Als nächstes Projekt steht übrigens eine weitere Sammelklage an, der Startschuss soll in der nächsten Woche erfolgen. "Es geht auch darum, ein Zeichen zu setzen", betont Vereinsobmann Jaindl. "Großkonzerne werden sich daran gewöhnen müssen, dass Leute aufstehen und ihren Schaden geltend machen." (aha, 29.6.2017)