Auf außenpolitischer Ebene ist Österreichs Flüchtlings- und Migrationspolitik derzeit von der starken Absicht geprägt, Einreisen zu verhindern – selbst unter Inkaufnahme menschenrechtlich fragwürdiger Umstände. Dafür sorgt vor allem Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), der keine Gelegenheit versäumt, sich als Hardliner und als Befürworter einer Verlagerung des Problems in südliche Gefilde zu deklarieren. Etwa nach Libyen, in Auffanglager, in denen nicht einmal Asylanträge gestellt werden können.

Nun erscheint eine substanzielle Verringerung der Ankünfte derzeit fast als frommer Wunsch. Die stark steigende Zahl von Bootsflüchtlingen, die Italien erreichen, spricht eine andere Sprache. Doch die Abschottungspläne haben auch in Österreich eine innenpolitische Entsprechung: das von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) vorgelegte Fremdenrechtsänderungsgesetz, das am Mittwoch im Nationalrat mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ beschlossen wurde.

Drittstaatsangehörige wieder loswerden

Besagte Novelle hat eine klare Ansage: Es werden Maßnahmen eingeführt, um abgelehnte Asylwerber und andere Drittstaatsangehörige ohne Aufenthaltsrecht wieder loszuwerden – und zwar effektiver als bisher. Das beginnt bei hohen Geldbußen für Personen, die sich weigern auszureisen. Es führt über die mit weiteren Verwaltungsstrafen sanktionierte Pflicht, sich selbst um Ausreisepapiere zu kümmern, bis hin zu Schub- und Beugehaft. Letztere kann bis zu sechs Wochen, Erstere sogar bis zu 18 Monate am Stück dauern.

Dazu kommen verbindliche Quartierzuweisungen für Asylwerber und Menschen, die nicht zum Verfahren zugelassen wurden, detto Gebietsbeschränkungen für Schutzsuchende nach der Ablehnung in erster Instanz. Sie sorgen für ein entsprechendes Begleitklima. Die Botschaft, für Flüchtlinge ebenso wie für flüchtlingsablehnende Einheimische, lautet: Wer schon einmal hier ist, hat nichts zu lachen, sondern muss sich strengen Auflagen unterwerfen.

Europarechtliche Kritik

Doch wie europäisch sind derlei Fernhalte- und Wegbringpläne? Wo steht Österreich in der EU mit einem solchen Antiflüchtlings- und Antimigrationskonzept? Europarechtlich betrachtet mit der Fremdenrechtsnovelle wahrscheinlich in zumindest einem Punkt in der Kritik: Rechtsexperten sind sich einig, dass die 18 Monate Höchstschubhaftdauer EU-Regeln widersprechen – und dass auch die heimischen Höchstgerichte Einspruch erheben werden. Sechs Monate am Stück seien hier ein Maximum; selbst der von der FPÖ ins Innenausschusshearing geschickte Experte betonte das, wenn auch bedauernd.

Und wie sind diese österreichischen Positionen und Regelungen in Hinblick auf eine Lösung der Flucht- und Migrationsfrage zu werten? Hier fällt die einseitige Stoßrichtung der Kurz'schen Positionen und der innenpolitischen Novelleninhalte auf. Innereuropäischer Solidarität in Flüchtlingsfragen wird kein Stellenwert mehr zugestanden, und innenpolitisch wird allein auf Druck gesetzt.

Doch Flüchtlinge und Migranten wird man durch Abhalten und Wegschicken nicht aus Europa verbannen können, die aktuellen Ankünfte zeigen das. Auch wenn es fast utopisch klingen mag: Gesucht sind Wege, um in der EU auch bei diesem Thema wieder zusammenzufinden. Und Pläne für ein gedeihliches Zusammenleben statt bürokratistischer Einsperrpläne. (Irene Brickner, 28.6.2017)