Einer der reichsten Menschen der Welt, Warren Buffett, hat einmal etwas sehr Kluges gesagt. Die Wall Street, so der Starinvestor, sei der einzige Ort, an dem sich Menschen, die einen Rolls-Royce fahren, von Menschen, die mit der U-Bahn zur Arbeit kommen, beraten lassen. Letztere sind für Buffett die tausenden Analysten und vermeintlichen Experten, die Tipps geben, welche Aktien man wann kaufen soll. Wenn sie das wissen, warum machen sie es nicht selbst und sind reich? Das Buffett-Zitat kann uns viel über Geld beibringen. Darum geht es in diesem Beitrag. Ich bin übrigens mit dem Rad unterwegs. Ziehen Sie daraus Ihre eigenen Schlüsse.

Das ist der vierte Teil der Serie "Katsching", in der ich Ihnen Schritt für Schritt – unterstützt vom Rat unabhängiger Fachleute – erkläre, wie ich 10.000 Euro anlege. Sie sind zum ersten Mal hier? Fangen Sie am besten mit dem ersten Teil an, in dem ich mich und mein Vorhaben vorstelle.

Der Sager von Buffett passt perfekt zu einer Frage, die mich seit längerem umtreibt. Dass Aktien für mich eine gute Anlage sind, diese Entscheidung habe ich getroffen. Wer aber – so wie ich – die Aktien der größten Unternehmen der Welt kaufen will, hat ein Problem: Man muss dafür derzeit so viel auf den Tisch legen wie nie zuvor. Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um einzusteigen?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir ein paar Schritte zurück. Was bestimmt eigentlich den Preis einer Aktie? Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Eine Grundregel gibt es aber: Wer eine Aktie kauft, kauft sich einen ganz kleinen Teil einer Firma. Wenn die Firma viel wert ist, ist es auch die Aktie. Und eine Firma ist dann viel wert, wenn sie Gewinn macht. Macht sie künftig noch höhere Gewinne, wird auch der Preis der Aktie steigen.

Man kann also sagen, mit einer Aktie erwirbt man nicht nur einen Teil einer Firma, sondern einen Anteil an den künftigen Gewinnen dieser Firma. Der Preis einer Aktie orientiert sich also an den Erwartungen von vielen Menschen über die Entwicklung eines Unternehmens.

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Auch reiche Menschen essen Eis: Warren Buffett.
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Einfacher zu verstehen ist das Ganze, wenn wir es auf ein Unternehmen herunterbrechen. Nehmen wir Apple. Auch die Apple-Aktie ist derzeit so viel wert nie zuvor. Ist sie deshalb teuer? Im Vergleich zu früher ist sie jedenfalls teurer geworden. Vor fünf Jahren war die Aktie noch um die Hälfte billiger. Das heißt aber nicht, dass sie heute teuer ist. Teuer wäre sie nur dann, wenn die künftigen Gewinne niedriger sind, als das der Preis der Aktie rechtfertigt. Im Fachjargon würde man dann sagen, die Aktie ist "überbewertet".

Der Preis der Aktie ist in diesem Fall höher als ihr "echter" Wert. Einziges Problem: Den echten Wert kennt niemand, nicht einmal Apple-Chef Tim Cook. Auch er weiß nicht, wie hoch die Gewinne Apples in den kommenden Jahren sein werden. Verstehen Sie mich nicht falsch: Wer sich monatelang mit einer Branche beschäftigt, alle Mitbewerber kennt, die Bilanzen einer Firma studiert, der kann durchaus Aktien finden, die relativ günstig zu erwerben sind.

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Die Apple-Aktie ist so teuer wie nie. Aber was sagt uns das?
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Nur muss er dafür erstens schnell sein. Denn wenn es andere vor ihm bemerken, dann ist der Preis schon nach oben gegangen. Zweitens würde Ihnen so jemand nicht seinen geheimen Ratschlag verraten. Er würde das Papier einfach selbst kaufen und jede Menge Geld verdienen. Wer also klüger als der Markt ist, wird nicht als Analyst in einer Bank arbeiten und Ihnen dabei helfen, reich zu werden. Er wird seine Tage lieber im Rolls-Royce verbringen. Sich auf das Spezialwissen anderer zu verlassen ist eine schlechte Idee: Das hat Warren Buffett mit seinem Zitat gemeint.

Der Wert einer Aktie richtet sich danach, was der "Markt" – also alle, die Geld anlegen – über das Unternehmen weiß. Als Kleinanleger, der nicht viel Zeit in seine Veranlagung stecken möchte, bin ich ziemlich sicher nicht schlauer als der Markt. Ist es also egal, wann ich in den Aktienmarkt einsteige?

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Befinden wir uns in einer Spekulationsblase? Das weiß niemand.
Foto: apa / afp / getty / cunni

Nicht ganz. Denn der Markt funktioniert nicht ganz so gut wie beschrieben. Das hat unter anderem die Finanzkrise gezeigt. Denn es sind viele Spekulanten und Anleger, die Trends nachlaufen, unterwegs. Man kann nämlich nicht nur Geld verdienen, indem man sich gute Unternehmen sucht, die künftig wahrscheinlich hohe Gewinne machen. Man kann auch verdienen, wenn man eine überbewertete Aktie kauft.

Dann nämlich, wenn ich später jemanden finde, der sie mir noch teurer abkauft. Darum ist es nicht automatisch dumm, teuer einzukaufen. Wer später einen Abnehmer findet, kann noch immer gutes Geld verdienen. Das ist aber pure Spekulation, die hat immer wieder zu Krisen geführt. Denn irgendwann hört das Spiel auf, und die Blase platzt. Der, der die Aktie zuletzt hält, macht das Licht aus: Er verliert.

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Wie geht es mit der US-Wirtschaft weiter? Auch das weiß niemand.
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Was heißt das jetzt für mich? Ich habe monatelang hin und her überlegt. Versucht zu verstehen, ob wir gerade in so einer Blase sind. Vor etwa einem Monat habe ich dann ein Telefonat mit Andreas Beck geführt. Beck ist Chef des deutschen Instituts für Vermögensaufbau. Als ich den Hörer auflegte, war meine Entscheidung getroffen. Sein Ratschlag an Kleinanleger wie mich: "Wenn Sie das Geld haben, investieren sie es. Egal wann." Den richtigen Zeitpunkt würde man sowieso nicht finden. Selbst wenn die nächste Krise kommt, würden die Aktien langfristig an Wert gewinnen.

Aber, erwiderte ich: Viele Firmen, deren Aktien ich kaufen möchte, sind aus den USA. Dort deuten einige Indikatoren darauf hin, dass die Papiere zu teuer sind. Außerdem steigen sie schon seit acht Jahren! Soll ich wirklich? (Wer sich für Details interessiert, die für dieses Format zu kompliziert werden: Hier finden Sie aktuelle P/E-Ratios und den Shiller-CAPE für verschiedene Weltregionen. Hier eine interessante neue Studie zum Thema, ob man eine Blase erkennen kann.)

Ihre Anlage sollte Ihnen keine schlaflosen Nächte bereiten.
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Beck musste schmunzeln. "Seit 20 Jahren stellen mir Leute diese Frage", sagte er. "Ich gebe immer dieselbe Antwort: Wenn Sie nicht wissen, was sie tun sollen, investieren Sie die Hälfte. Und die andere, wenn es kracht." Diese Empfehlung gebe er aber nur Leuten, die auch wirklich investieren, "wenn in der Zeitung steht, dass die Welt untergeht".

Für mich persönlich ist das ein guter Kompromiss. Mein Bauch sagt mir, dass ich jetzt nicht mein ganzes Geld investieren sollte. Mein Kopf wendet ein, dass ich den Zeitpunkt sowieso nie richtig treffen werde. Vielleicht steigen die Aktien noch für einige Jahre, und mir entgehen so hohe Gewinne. Vielleicht aber kommt die nächste globale Rezession schon in ein paar Monaten, und ich kann die Papiere viel billiger einkaufen.

Das ist keine Wissenschaft, sondern pure Emotion! Anlegen ist aber immer auch eine Gefühlssache. Man muss ruhig schlafen können. Treffen Sie in Ruhe eine Entscheidung, mit der Sie leben können. Und wenn Ihnen jemand einen Tipp für eine Aktie gibt, die Sie jetzt unbedingt kaufen müssen, fragen Sie die Person mal, wie sie in die Arbeit kommt.

Nächster Beitrag erst in zwei Wochen

Im nächsten Beitrag zeige ich Ihnen dann, wie ich meine Aktien kaufe. Sie finden ihn hier. Ich erkläre, worauf Sie aufpassen müssen und wo man die Aktien gegen geringe Gebühren bekommt. Wenn Sie sichergehen wollen, dass Sie künftige Beitrag nicht verpassen, können Sie sich hier für meinen Newsletter eintragen. Ich melde mich dann, wenn neue Artikel erscheinen und halte Sie auch mit anderen Hinweisen zum Thema auf dem Laufenden.

Wie sieht es denn bei Ihnen aus? Denken Sie, wir befinden uns in einer Blase? Veranlagen Sie auch mit einer recht simplen Regel, so wie ich? Oder machen Sie sich vielleicht sogar auf die Suche nach einzelnen, billigen Aktien? Ich würde mich freuen, wenn Sie Ihre Erfahrungen im Forum teilen. (Andreas Sator, 29.6.2017)