Pandamädchen Mengmeng nimmt ersten Kontakt zu ihrem künftigen Pfleger Christian Toll auf.

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Mengmeng im Freigehege.

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Pandamännchen Jiao Qing ist der Partner von Mengmeng.

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Pfleger Christian Toll in der Besuchermenge

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Pandamania in Chengdu.

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Der junge Riesenpanda greift mit der Tatze an das Gitter in der Quarantänestation in Chengdu. Er berührt mit seiner Pfote die Hand von Christian Toll. Der Berliner Tierpfleger ist begeistert: "Mengmeng ist im wahrsten Sinn des Wortes ein Träumchen."

Soeben hat der 34-Jährige seinen ersten direkten Handkontakt mit dem Pandaweibchen gehabt, dessen Rufnahme "die Traumhafte" bedeutet. "Zuerst reagierte sie auf mich als Fremden nervös. Dann hoppelte sie neugierig los, schnappte sich ein Stück Apfel aus meiner Hand." Sie sei, wie es der chinesische Hauptpfleger Yin Hong immer wieder sagt, "tatsächlich ein freundliches Mädchen".

Müde vom Bambusfressen

Mengmeng ist jung und daher lebhaft. Sie wird ihren vierten Geburtstag am 10. Juli in Berlin feiern. Ihr Partner, das Pandamännchen Jiao Qing, wird Mitte August sieben Jahre alt. Manche übersetzen seinen Namen frei mit "der Charmante". Augenblicklich lässt er diesen Charakterzug nicht erkennen. In der Freianlage liegt er nur träge auf dem Rücken, streckt alle Viere von sich. Yin sagt: "Er ruht sich vom Bambusfressen aus."

Die beiden Bären, die in der riesigen Panda-Forschungs- und -Aufzuchtstation Chengdu geboren wurden, sind einander dort nie begegnet. Auch deshalb nicht, weil Jiao Qing schon im Februar 2013 zum Tierpark in Shenzhen bei Hongkong geschickt wurde und von dort erst im April 2017 zurückkehrte. Mengmeng war ab Februar 2016 für ein Jahr in einem Schanghaier Pandapark.

Erstes Riechen

Auch in der Quarantänestation werden sie in zwei Gehegen gehalten, so wie künftig in Berlin. "Sie können einander zum ersten Mal hören und riechen", sagt der 28-jährige Pfleger Yin, der ein studierter Veterinär ist. "So nehmen sie einander wahr. Für später."

Pandas sind bis auf ihre nur wenige Tage dauernde Paarungszeit im Spätfrühling das ganze Jahr über Einzelgänger. Sie wollen es auch bleiben. Yin, der Mengmeng schon seit 2015 kennt, sagt: "Ich werde Mengmeng besonders vermissen."

Damit ist er in China nicht allein. Mengmeng ist seit ihrer Geburt ein Online-Star mit großer Fangemeinde. Auf dem Webportal des Pandareservats beginnt der erste Eintrag über sie in Ich-Form: "Am Anfang sah ich gar nicht wie meine Mutter aus, Ich war überall rosa mit ein paar weißen Haaren. Erst nach zwei Wochen wuchs mir ein Fell und die pandatypischen Augen."

Schönheitsideale eines Pandas

Die Bärin entspricht dem chinesischen Schönheitsideal eines Pandas. Der Experte Zhang Hemin zählt einige Kriterien auf. Die schwarze Umrandung der Augen darf nicht zu groß sein und muss dem chinesischen Zeichen für die Glückszahl Acht ähneln. Die Schwarz-Weiß-Schattierung des Fells sollte klar abgegrenzt, Kopf und Maul rund sein.

Auf Mengmeng trifft das alles zu. Einer ihrer Fans stellte eine Fotoreihe mit neun Bildern von ihr im Juni 2014 ins Netz. Sie wurden Online-Kult. Kein Wunder, dass die Nachricht, dass Mengmeng und Jiao Qing zum Berliner Zoo kommen, auf geteiltes Echo stieß. Fans protestierten: "Ich werde verrückt. Mengmeng ist meine liebste Bärin. Jetzt soll sie nach Deutschland. Warum ausgerechnet dorthin? Jedes andere Land wäre doch besser." Auf einigen Webseiten wurde gar ein Shitstorm entfacht.

Berliner Zoo mit schlechtem Ruf

Dem Berliner Zoo hängt bei eingefleischten Pandafans bis heute und zu Unrecht der Verdacht nach, dass dort unerfahrene Pfleger oder angeblich vandalistisches Verhalten von Zoobesuchern zum verfrühten Tod von zwei Pandaweibchen geführt haben. Gemeint ist die 1980 dem Zoo mit dem Männchen Bao Bao geschenkte Bärin Tjen Tjen, die 1984 an einer Infektion starb. 1995 wurde aus Peking die Bärin Yan Yan geschickt, die 2007 an einer Magenverschlingung starb. Nur Bao Bao starb 2012 an Altersschwäche. Ein Blogger rief dazu auf, Pandaschützer nach Deutschland zu schicken, "um zu überwachen, was dort geschieht".

Doch wirkliche Pandaexperten wollen davon nichts wissen. Der Reproduktionsfachmann Yuan Bo lobte die Auswahl der beiden Bären: "Sie sind biologisch gesehen im besten Alter, um sich zu vermehren." Yuan ist gerade von einem Besuch im Berliner Zoo zurück in Chengdu. Er äußert sich zufrieden mit den Vorbereitungen. "Es ist alles sehr professionell." Die Irritationen von Anfang Mai, wonach das neue Pandagehege zu niedrig sei und zu kleine Innenräume habe, scheinen beigelegt.

Pandas als Softpower

Für China sind Pandas nicht normale Bären. Sie sind Nationaltiere und Imagebotschafter Chinas, ihre Vergabe ein Staatsakt. Sie ist Teil der Soft-Power-Diplomatie, der weichen Einflussnahme der Volksrepublik. Berlin ist der siebente Zoo in Europa, der Pandas erhält. Kopenhagen und Helsinki sind in der Pekinger Panda-Pipeline für 2018 vorgesehen. Gute Beziehungen mit Europa stehen bei Peking ganz hoch im Kurs.

Zoos in der gesamten Welt stehen Schlange, um Pandapaare gegen eine jährliche Gebühr von einer Million US-Dollar (920.000 Euro) entleihen zu dürfen. Nach Ablauf der Vertragszeiten müssen sie und auch ihr Nachwuchs an China zurückgeschickt werden. Japan unterhält trotz der schwierigen bilateralen politischen Verhältnisse die fruchtbarste Zusammenarbeit. Von 15 dort geborenen Pandas sind acht nach China zurückgeschickt worden.

Ende 2016 meldete China einen Rekordbestand von 2.328 Pandas, darunter 1.864 in freier Wildbahn. Nur 54 Pandas leben als Leihgaben in ausländischen Tiergärten. Nun kommen Mengmeng und Jiao Qing in einem groß gefeierten deutsch-chinesischen Staatsakt im Berliner Zoo hinzu.

"Leckerli" für die Pandas

Toll reiste Mitte Juni für eine Woche in die Panda-Aufzuchtstation nach Chengdu. Die Kollegen dort zeigen ihm ihre "Tricks". Pfleger Yin nahm ihn als Erstes mit in die Backstube, wo täglich von vier bis sieben Uhr handtellergroße "Pandakuchen" gebacken werden. In traditionellen Formen wird dazu eine Teigmischung aus gepresstem Mais- und Reismehl, Sojabohnenstroh, Vitamine und Erdnussöl zum Küchlein verbacken. Yin belohnt Mengmeng mit solchen "Leckerli" beim Üben. Toll sagt: "Es sieht wie Spielen aus, ist aber zugleich medizinisches Training. Die Pandas verlieren ihre Scheu. Sie werden so später zulassen, dass sie etwa mit Ultraschall untersucht werden."

Seit 18 Jahren arbeitet Toll im Berliner Zoo. Für seinen Job als Pfleger hat er sich in Frankreichs Panda-Zoo Parc de Beauval und in Wiens Tiergarten Schönbrunn umgeschaut, dessen Pandas fünf Nachkommen bekamen.

Berlin bereitet sich umfassend auf seine Neuankömmlinge vor, selbst auf ihre täglich benötigten 60 Kilogramm Bambus. Mit einem Großpflanzer in Holland, der Pandazoos bis Edinburgh versorgt, wurde ein Vertrag geschlossen. In Frankreich und im Burgenland wird sogar schon Bambus angepflanzt. "Auch wir im Zoo wollen künftig freie Flächen nutzen, um ihn anzubauen", sagt Toll. (Johnny Erling aus Chengdu, 27.6.2017)