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Der Sozialist Edi Rama am Zenit seiner Macht.

Foto: AP / Hektor Pustina

Tirana/Sarajevo – Erstens war Bajram, und zweitens war es am Sonntag fürchterlich heiß. An manchen Orten stieg das Thermometer auf über 35 Grad. Doch der eigentliche Grund, weshalb so wenige Albaner zu den Wahlurnen schritten wie niemals zuvor seit der Einführung der Demokratie 1991, war, dass der Wahlkampf langweilig war. Die Wahlkommission entschied in den Abendstunden des Sonntags, die Wahllokale noch um eine weitere Stunde bis 20 Uhr offen zu halten.

Trotzdem ließen sich nur 44 Prozent der Albaner überhaupt dazu bewegen, ihre Stimme abzugeben. Die beiden großen Parteien, die sich sonst immer aufs Heftigste bekriegten, hatten nämlich vor der Wahl einen Deal abgeschlossen. Die übliche Polarisierung fand deshalb diesmal nicht statt. Zudem wurden Möglichkeiten des Stimmenkaufs und Wahlgeschenke durch einige Maßnahmen ziemlich eingeschränkt.

Viele Albaner wussten aber ohnehin, dass die Wahl für den Chef der Sozialistischen Partei (PS) und Premierminister Edi Rama "eine gmahte Wiesn" ist. Die PS, die erst seit 2013 wieder an der Macht ist, gewann etwa acht Prozent dazu. Nach 75 Prozent Auszählungsstand erhielt sie 48,8 Prozent der Stimmen, wird aber 73 Mandate von 140 im Parlament haben und deshalb die absolute Stimmenmehrheit. Für die Demokraten (PD) und ihren Chef Lulzim Basha ist das auch deshalb eine Blamage, weil diesmal sogar traditionell die Demokraten wählende Regionen im Norden an die PS gingen.

Landesweit kam die PD nach vorläufigen Ergebnissen auf 29,1 Prozent und verlor damit sechs Mandate. Nur in den Verwaltungseinheiten Shkodra und Kukës konnte die PD gewinnen. Ansonsten ist das gesamte Land nun "pink" – so die Farbe der Sozialisten – eingefärbt.

Normalerweise würde in Albanien die PD nach so einem Debakel das Wahlergebnis nicht anerkennen und wahrscheinlich sogar das Parlament boykottieren. Doch diesmal wird das wohl kaum passieren. Denn die PD hatte einen Monat vor der Wahl durch Vermittlungsversuche der EU und der USA zugestimmt, an den Wahlen teilzunehmen, und viele Zugeständnisse bekommen.

Offen ist, wie Basha mit der Situation umgehen wird. Er hat wohl die Rückendeckung der Grauen Eminenz der PD, des Ex-Parteichefs Sali Berisha. Berisha hatte Basha zum Wahlboykott gedrängt, was wohl zum schlechten Ergebnis beigetragen hat.

Auch Rama könnte Basha durchaus die Hand reichen. Denn für einige wichtige Vorhaben wie die Verfassungs-, die Wahlrechts- und die Justizreform braucht er eine Zweidrittelmehrheit.

Viele erwarten eine Zusammenarbeit in Sachfragen. Von Rama ausgebootet wurde die Sozialistische Bewegung für Integration (LSI), die zwar vier Prozent dazugewann und bei über 14 Prozent liegt. Doch die LSI ist kein Königsmacher mehr. Der langjährige LSI-Chef Ilir Meta nannte Rama nun indirekt sogar einen "Chef-Sadisten". (Adelheid Wölfl, 26.6.2017)