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Peter Pilz zieht sich zurück. Die Partei verwehrte ihm Listenplatz 4.

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Es gibt also doch eine Verjüngung bei den Grünen: Peter Pilz, der schon 1986 mit Freda Meissner-Blau in die erste grün-alternative Nationalratsfraktion eingezogen ist, wird ab Herbst nicht mehr dabei sein – auch weil er nicht weiter hinten als auf dem vierten Listenplatz stehen wollte. Man mag das in das Schema einordnen, dass die Grünenbasis ab und zu einen "Promi" geopfert sehen will. Das ist ja nicht nur am Sonntag bei der Erstellung der Bundesliste passiert, sondern auch am Vortag bei der Erstellung der oberösterreichischen Landesliste: Da hat die Basis die langjährige Mandatarin Gabriela Moser nur auf den dritten Platz gereiht – was absehbarerweise kein Mandat bedeuten würde.

Beide Vorgänge haben aber auch eine zweite, viel grundsätzlichere Bedeutung: Sowohl Pilz als auch Moser sind in den vergangenen Jahren mit akribischer Aufklärungsarbeit in diversen Untersuchungsausschüssen von Lucona über Noricum und Hypo Alpe Adria bis zum Eurofighter tätig gewesen.

Sie haben damit einen Eckpfeiler der grünen Politik aufgebaut: Die Grünen gelten als besonders wenig skandalanfällig – und das nicht nur mangels Gelegenheit, sondern vor allem wegen ihrer Aufdeckerqualitäten.

Diese Kompetenz werden sie erst wieder aufbauen müssen – was bis zur Wahl kaum möglich sein wird.

Alleinstellungsmerkmal gesucht

Umso wichtiger sind die anderen Positionierungen. Dass die Grünen eine Umweltpartei sind, ist eine Selbstverständlichkeit, aber auch kein Alleinstellungsmerkmal. Und dass die Umweltanliegen nicht immer leicht durchzusetzen sind, haben die Grünen seit jeher erlebt – auch und gerade als Regierungsparteien auf Landesebene, wo man im schlimmsten Fall für Umweltskandale verantwortlich gemacht wird, an denen man keinerlei Anteil hatte.

Auch mit ihrer verdienstvollen und durch Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek repräsentierten Europapolitik stehen die Grünen nicht allein da – und wo es darum geht, die europäische Wirtschaftspolitik (zum Beispiel bei den Freihandelsabkommen) mitzutragen, ist es mit der proeuropäischen Haltung ohnehin nicht weit her. Da kann es zur Verwechselbarkeit der Positionen mit jenen der SPÖ und sogar mit der Haltung der Freiheitlichen kommen, was ziemlich peinlich ist.

Denn das ist ja der vierte Pfeiler grüner Politik: klare Abgrenzung gegen rechts und kompromissloses Eintreten für die Menschenrechte.

Hier haben die Grünen tatsächlich eine Alleinstellung.

Und sie sind in hohem Maße konsequent bei der Verteidigung individueller Freiheitsrechte, der Eindämmung von Überwachung, der Stärkung der demokratischen Mitbestimmung und dem Hinterfragen obrigkeitsstaatlicher Datensammelwut.

Im allgemeinen Bewusstsein ist verankert, dass es keine andere Partei gibt, die sich so sehr wie die Grünen für die Rechte von Flüchtlingen und anderen Migranten einsetzt. Das verdient Respekt – auch und gerade, weil dieses Eintreten nicht der Mehrheitsmeinung entspricht. Man wird mit der Meinung, dass jeder Mensch sein Lebensglück suchen können soll, wo und wie er will, in Österreich keine Wahlen gewinnen. Man wird auch keine Wahlen mit den gelegentlich vorgebrachten Weltverbesserungsideen (die allenfalls das Menschenrecht auf Eigentum einschränken) gewinnen.

Aber es geht nicht um Wahlsiege, es geht um den langfristigen Bestand als politisches Gewissen im Parlament. (Conrad Seidl, 25.6.2017)