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Tyson Gay scheiterte bei den US-Trials in Sacramento schon im Vorlauf über 100 m.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Patrick Smi

Sacramento – Tyson Gay stolperte beim Start, da wusste der Ex-Weltmeister schon, dass es vorbei ist. Dass er es nicht zu den Weltmeisterschaften in London (4. bis 13. August) schaffen würde, wie es Gay seiner toten Tochter Trinity versprochen hatte. 10,17 Sekunden über 100 m, Dritter in seinem Vorlauf bei den US-Ausscheidungen. Traum geplatzt.

"Ich denke jeden Tag an meine Tochter. Jeden Tag", sagt Gay. Für Trinity wollte er es noch einmal auf die ganz große Leichtathletik-Bühne schaffen: "Es erdrückt einen, und es hört nicht auf – aber du versuchst, damit zu leben."

Die 15 Jahre alte Trinity war vor acht Monaten tragisch ums Leben gekommen. Sie war mit Freunden in einem Restaurant in Lexington (Kentucky). Auf dem Parkplatz schossen plötzlich Insassen aus zwei Autos aufeinander, Trinity wurde von einer Kugel im Nacken getroffen und starb wenig später im Krankenhaus. "Ich habe in meinem Leben noch nie so sehr geweint", sagt Gay über den Verlust. "Ich glaube nicht, dass man wieder Frieden findet."

Den Coup im Auge

In Gedenken an seine Tochter peilte Gay, mit 9,69 Sekunden hinter Usain Bolt der zweitschnellste Mann der Geschichte, noch einmal den Coup an. "Trinity hat die Leichtathletik geliebt", sagt der 34-Jährige. Wie der Vater rannte sie 100 und 200 m, sie galt als großes Talent: "Ich war so stolz auf sie." Zwei Monate nach ihrem Tod fing der Mann aus Kentucky wieder an zu trainieren, "um den Kopf freizukriegen" und überhaupt "aus dem Haus zu kommen".

In der Hitze von Sacramento unterlief ihm dann aber schon direkt am Start der Fehler, den Rückstand konnte Gay nicht mehr aufholen. Während der Jahresweltbeste Christian Coleman (9,93) und Bolts großer Rivale Justin Gatlin (10,00) einen starken Eindruck hinterließen, schied neben Gay auch der WM-Dritte Trayvon Bromell (10,22) schon aus.

Weltmeister, Dopingsünder

Gay war 2007 der letzte US-Amerikaner, der den WM-Titel über 100 m holte. In Osaka gewann er auch Gold über 200 m sowie mit dem US-Team über 4 x 100 m. Danach begann die Dominanz des Jamaikaners Bolt.

2013 wurde Gay positiv auf ein anaboles Steroid getestet. Wegen guter Kooperation wurde er nur für ein Jahr gesperrt. 2015 belegte er bei der WM in Peking Platz sechs über 100 m. Im Vorjahr lief er bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro mit der US-Staffel zunächst auf Rang drei. Wegen eines Wechselfehlers wurde das Quartett allerdings disqualifiziert.

Gay wird trotz der Enttäuschung bei den Trials in Sacramento vermutlich weiterlaufen. "Ich kämpfe immer noch", sagt er. Und das gilt wohl nicht nur auf der Laufbahn. "Ich versuche, das Bild von ihrem Tod aus meinem Kopf zu kriegen." (sid, red, 23.6.2017)