Die Fassade des Bestandsgebäudes ist denkmalgeschützt, die neue Fassade mit Rasteroptik soll sich in das Ensemble einfügen.

Foto: Bengt Stiller

An ihrem ersten Arbeitstag in der neuen Unternehmenszentrale der Österreichischen Post AG am Rochusmarkt dürfen sich die rund 1000 Mitarbeiter eine Utensilienbox aussuchen, die es in unterschiedlichen Farben gibt. Darin sollen in Zukunft nach Büroschluss Laptop, Tastatur und persönliche Gegenstände verstaut werden. All das landet in einem Spind.

Denn in der in Bau befindlichen neuen Unternehmenszentrale, die am Rochusmarkt im dritten Bezirk gerade in die Zielgerade biegt, wird eine Clean-Desk-Policy herrschen. Die Mitarbeiter haben keine fixen Schreibtische mehr, sondern suchen sich ihren Arbeitsplatz innerhalb ihrer Abteilung jeden Morgen aufs Neue aus. Am Abend muss daher der Tisch wieder abgeräumt werden. Ein ähnliches Konzept haben auch Unternehmen wie die Erste Bank auf ihrem Erste-Campus beim Belvedere in den letzten Jahren realisiert.

Pflanzen und Familienfotos

Noch haben die Postmitarbeiter aber ihren eigenen Schreibtisch. Sie sitzen im früheren Siemens-Gebäude in Wien-Erdberg, nur drei U-Bahn-Stationen entfernt. Projektkoordinatorin Julia Reisenbichler von der Österreichischen Post AG geht aber nicht davon aus, dass die Umstellung auf das moderne Bürokonzept für die Mitarbeiter schwierig ausfallen wird. Denn auch am aktuellen Standort werde schon in offenen Bürostrukturen gearbeitet. Neu sei aber das Desksharing: Pflanzen und Familienfotos wird es auf den Schreibtischen künftig also wohl nicht mehr geben. Die Familienfotos könne man aber stattdessen beispielsweise als Bildschirmschoner am Laptop haben, regt Reisenbichler an.

Noch eine Neuerung: In der neuen Unternehmenszentrale wird es nur noch Schreibtische für neun von zehn Mitarbeitern geben. Denn es gebe keinen Tag im Jahr, an dem alle Mitarbeiter im Büro seien: "Aber wir reduzieren die Fläche nicht, sondern wir werten sie mit unterschiedlichen Arbeitsmöglichkeiten auf", betont Reisenbichler.

Alt und Neu

Die "Post am Rochus" wurde von Schenker Salvi Weber und Feld 72 geplant. Mit ihrem Entwurf setzten diese sich in einem zweistufigen Wettbewerb durch. Insgesamt verfügt das Gebäude über 50.000 Quadratmeter Nutzfläche, knapp 5500 davon entfallen auf Shop- und Gastronomieflächen, die von der Ekazent gemanagt werden. Von den Büroflächen zum Einkaufscenter, das im September eröffnet, gibt es einen eigenen Durchgang nur für die Postmitarbeiter.

Untergebracht ist all das in einem siebenstöckigen Neubau mit gerasterter Fassade sowie in einem sechsstöckigen Bestandsgebäude mit denkmalgeschützter Art-déco-Fassade. Wo Alt- auf Neubau aufeinandertreffen, ist eine "Fuge" in Form eines mehrgeschoßigen Atriums entstanden, die laut den Architekten Thomas Weber und Mario Paintner als "Ader"des Hauses fungiert und zum Begegnungs- und Kommunikationsort werden soll. Auch die Bürolandschaften wurden von den Architekten entworfen – so sei also "alles aus einem Guss", wie Projektleiter Rudolf Gruber von der Post AG bei einer Baustellenführung berichtet.

Mobiliar und Glaswürfel

Gegliedert werden die Flächen – die Post AG will diese übrigens ganz explizit nicht als Großraumbüro bezeichnet wissen, und die Architekten bezeichnen sie als "offene Kommunikationsräume" – einerseits durch das Mobiliar, andererseits durch über die Fläche verteilte Glaswürfel.

In diesen Würfeln befinden sich teilweise kleine Räume, in die sich eine Person – von einem Vorhang geschützt – beispielsweise zum Telefonieren oder für Arbeiten, die höhere Konzentration erfordern, zurückziehen kann. In den anderen, etwas größer dimensionierten verglasten Räumen ist Platz für Besprechungen.

Mehrere Tranchen

Nun soll es mit der Fertigstellung des Projekts schnell gehen: Im Juli wird schon mit der Möblierung begonnen. Ende September wird dann eine erste Vorhut von Mitarbeitern in die neue Zentrale einziehen und das Gebäude eingehend testen. Die anderen Mitarbeiter folgen in insgesamt fünf Tranchen im Laufe des Herbstes. So soll das Gebäude Schritt für Schritt von unten bis ganz oben besiedelt werden. (zof, 28.6.2017)