Eine der größten Freuden des Sommers ist die Melanzani, und warum Wirtshäuser nicht regelmäßig "Melanzani-Wochen" ausrufen (wie sie es etwa für den überschätzten Spargel oder Kürbis tun), ist mir völlig schleierhaft. Erfrischend herb und ganz zart bitter, cremig, drall und für ein Gemüse erstaunlich üppig, kann ich von der Melanzani kaum genug bekommen. Umso mehr habe ich mich gefreut, als mir unlängst Badrijani Nigvzit begegnet sind – gebratene, mit Nusspaste gefüllte Melanzani-Rollen.

Badrijani Nigvzit sind eine klassische georgische Vorspeise: Melanzani werden der Länge nach in mehr oder weniger dünne Scheiben geschnitten und ordentlich angebraten, dann werden sie mit einer Paste aus Walnüssen, Knoblauch und einer speziellen Gewürzmischung eingestrichen und eingerollt. Am Ende wird das alles mit grob gehacktem Koriander und, je nach Saison, Granatapfelsamen perfektioniert – die Samen für Knackigkeit und Süße, der Koriander, weil er einfach so gut zu Melanzani passt. Das Ergebnis ist zum In-sich-Hineinstopfen gut.

Foto: Tobias Müller

Die Nüsse unterstreichen den herb-üppig-rauchigen Charakter der Eierfrucht, roher Knoblauch und Chili geben frische Schärfe. Das wichtigste Gewürz in Badrijani Nigvzit ist aber der Schabzigerklee, der seine ganz eigene, leicht orientalisch-bittere Note beisteuert. In Georgien ist er weit verbreitet, in den Schweizer und österreichischen Alpen (die Teilen Georgiens zumindest landschaftlich sehr ähnlich sind) wird er als Brot- und Käsegewürz verwendet. In gut sortierten Gewürz- und Reformläden ist Schabzigerklee, oder zumindest sein angeblich etwas herberer Verwandter, der Bockshornklee, erhältlich.

Ich habe mich nicht in Georgien, sondern in Kiew in Badrijani Nigvzit verliebt. Georgische Restaurants sind dort so verbreitet wie in Wien italienische, und ich wundere mich seit meinem Besuch, dass die georgische Küche nicht mehr internationalen Ruhm genießt. Georgisches Essen ist vielseitig und abwechslungsreich, mit vielen frischen Kräutern und einer spannenden Mischung aus osteuropäischer und osmanischer Würze. An meinem ersten Kiew-Abend habe ich Badrijani Nigvzit hier als erstes Gericht gegessen (Danke, Florian Siepert, für diesen und so viele andere Tipps!) und war begeistert. Sie sind ein großartiger Einstieg in georgische Geschmackswelten – und, als ob das nicht schon toll genug wäre, noch dazu eines dieser wenigen Rezepte, wo ein minimaler Aufwand mit einem außergewöhnlichen Ergebnis belohnt wird.

Gewürzmischung

Klassisch werden die Rollen mit einer Gewürzmischung zubereitet, die auf Georgisch Chmeli Suneli heißt und in Wien, soweit ich weiß, eher nur mit Mühe zu bekommen ist. Laut "Lucky Peach", das vor einigen Jahren eine großartige Georgien-Geschichte samt Chmeli Suneli und Melanzani-Rollen-Rezept gebracht hat, liest sich die Zutatenliste wie der Inhalt eines Rasenmäherbeutels nach einer Fahrt durch den Kräutergarten: Es sind so viele verschiedene Gewürze enthalten, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass jemand die einzelnen Bestandteile herausschmeckt.

Die meisten Rezepte wiederum, die online zu finden sind, setzen auf eine drastisch verkürzte Würzliste: Neben Schabzigerklee, dem geschmacksprägenden Bestandteil, kommen gerade einmal Koriandersamen und Cayenne hinein. Ich habe das, weil’s so schön einfach ist, probiert und war nicht ganz überzeugt: Erstens fehlt ein wenig die Komplexität, zweitens die Süße, und drittens war mir das Ergebnis ein wenig zu bitter. Ich habe mich für meine Variante daher für ein Zwischending zwischen "Lucky Peach" und diesem sonst sehr kompetent klingenden Rezept entschieden.

Jahreszeitbedingt habe ich die Melanzani gegrillt statt gebraten – und die Granatapfelkerne durch Kirschen ersetzt. Greifen Sie am besten zu einer sauren Variante.

Badrijani Nigvzit

Die folgende Menge reicht leicht für zwei bis drei Melanzani (10 bis 15 Rollen, genug für vier als Vorspeise). In Georgien wird die längliche, asiatische Melanzani verwendet, aus der sich hübschere, eher mundgerechte Rollen formen lassen. Unsere plumpe europäische Melanzani tut's aber auch. Bereiten Sie die Paste idealerweise einige Stunden vor dem Servieren vor, damit sich die Aromen entfalten und abrunden können.

Foto: Tobias Müller

Rösten Sie 150 Gramm Walnüsse im Rohr, bis sie eine schöne Farbe haben. Schneiden Sie eine Zwiebel klein und braten Sie sie, bis sie weich ist. Mörsern sie einen Teelöffel Schabzigerkleesamen und zwei Teelöffel Koriandersamen zu einem Pulver (oder verwenden Sie Chmeli Suneli).

Foto: Tobias Müller

Geben Sie die gerösteten Nüsse, das Pulver, zwei Knoblauchzehen, nach Lust und Laune Chili (in meinem Fall: des Herrn Steininger famose vergorene Chilisauce), ordentlich Salz, ein paar Safranfäden, die Zwiebel und einen halben Bund Koriander in eine Küchenmaschine.

Foto: Tobias Müller

Gießen Sie einen Schuss Rotweinessig und 1/16 Wasser (wer hat: Hühnerfond) dazu und mixen Sie alles zu einem Brei. Wenn er zu trocken gerät, einfach ein wenig Wasser nachgießen.

Schneiden Sie die Melanzani der Länge nach in etwa 5 mm dicke Scheiben und grillen oder braten Sie sie in Öl, bis sie eine hübsche Farbe haben und schön weich sind. Das Ziel ist buttrig, aber noch nicht zerfallend.

Foto: Tobias Müller

Bestreichen Sie die weichen Scheiben mit einer dünnen Schicht Nusspaste und rollen oder falten Sie sie ein, sodass kompakte, recht flache Pakete entstehen. Die meisten Rollen, die mir in Kiew serviert wurden, hatten ein handliches Format, das es erlaubte, sie mit zwei Bissen zu essen.

Bestreuen Sie die Rollen mit ordentlich gehackten Korianderblättern, Kirschen (oder Granatapfelsamen) und servieren Sie sie lauwarm – was sich bei den derzeitigen Temperaturen ohnehin nicht verhindern lässt. (Tobias Müller, 25.6.2017)

Badrijani Nigvzit, mit Kirschen statt Granatapfelkernen serviert.
Foto: Tobias Müller

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